Landtitel und Wasser in Tansania:
Schutz für die Lebensgrundlage armer Bauern
Sinaraha Adam Ng’omwa,
Bezirk Iringa, Tansania
Schon heute oder morgen könnte ich nicht mehr hier sein und dann könnten die Nachbarn das Land für sich beanspruchen, wenn die Grenzen nicht klar sind.
Tansania ist ein Land der Gegensätze. In den letzten Jahrzehnten verzeichnete es ein gesundes Wirtschaftswachstum; zwischen 2012 und 2016 soll das jährliche Wachstum des BIP bei über sieben Prozent liegen. Andererseits litt das Land 2009 und 2010 unter Dürre und Ernährungsunsicherheit. Außerdem lag die Nahrungsmittelinflation im Jahresvergleich unverändert bei 25,3 Prozent und der Nahrungsmittelanteil des Verbraucherpreisindexes (47,8 Prozent des Standardwarenkorbs, anhand dessen die Inflation gemessen wird) ist ebenfalls gestiegen. Im Jahr 2012 leben schätzungsweise eine Million Menschen in einer Situation der Ernährungsunsicherheit und 42 Prozent der Haushalte verfügen nicht regelmäßig über ausreichend Nahrung. Tansania belegt im WHI 2012 den 54. Rang von 79 Ländern.
Die Landwirtschaft ist die tragende Säule des Lebens in Tansania; sie ist Lebensgrundlage von über 80 Prozent der Tansanier. 95 Prozent der geschätzten 2,1 Millionen bebauten Hektar Land werden von Kleinbauern mit einer Fläche von 0,9 bis 3,0 Hektar bewirtschaftet. Diese Landwirte verwenden traditionelle Anbaumethoden und produzieren hauptsächlich für den Eigenbedarf.
Die Bauern sehen sich mit einer Vielzahl an Schwierigkeiten konfrontiert: geringe Produktivität, die Abhängigkeit von Niederschlägen für den Regenfeldanbau, unterentwickelte Beratungseinrichtungen, ungeeignete Bewirtschaftungstechniken, Einschränkungen beim Zugang zu Märkten und niedrige öffentliche Ausgaben für den landwirtschaftlichen Sektor. Ein zugrunde liegendes Problem ist jedoch den Wenigsten bewusst: Obwohl über 90 Prozent der Landwirte sich als Besitzer ihres Landes sehen, haben in Wirklichkeit weniger als zehn Prozent der Tansanier offizielle Titel für das bewirtschaftete Land.
Der tansanische Land Act No. 4 und der Village Land Act No. 5 (Vermessungs- beziehungsweise Dorfvermessungsverordnungen 4 und 5) von 1999 wurden eingeführt, um Kleinbauern den Landbesitz durch den Erwerb eines Zertifikats zu ermöglichen, das ihr gewohnheitsmäßiges Nutzungsrecht (Certificate of Customary Right of Occupancy, CCRO) bestätigt. Diese Verordnungen erkennen die traditionelle Landnutzung an und versuchen, bestehende Rechte, vor allem die gewohnheitsmäßigen Rechte der Kleinbauern, gesetzlich abzusichern. Sie stellen Frauen rechtlich den Männern gleich und ermöglichen jenen, Land zu erwerben, zu besitzen, zu nutzen und zu übertragen, sowohl in ihrem eigenen Namen als auch gemeinsam mit Männern, ungeachtet jeglicher traditionellen oder religiösen Beschränkung. Neben der Sicherung von Landrechten sollten CCROs auch als Sicherheiten genutzt werden können, damit Landwirte Geräte und Betriebsmittel erwerben, und damit ihre Produktion, ihre Ernährungssicherheit und ihren Lebensstandard verbessern können.
Bei der Umsetzung dieser Verordnungen treten jedoch mitunter Schwierigkeiten auf. Die meisten Nutzungsrechte wurden bisher nicht registriert und da CCROs nicht als Hypothekendokumente anerkannt werden, sind die Finanzinstitute nur begrenzt bereit, sie ihrerseits als Sicherheiten anzuerkennen. Zudem sorgen traditionelle Gesetze und Praktiken dafür, dass das Recht von Frauen auf Landerwerb trotz der rechtlichen Gleichstellung nicht umgesetzt wird. Es ist verheirateten Frauen nicht erlaubt, ohne das Einverständnis ihrer Männer Land zu veräußern oder zu erwerben und manch eine Frau möchte lieber nicht in Fragen zu Grundbesitz einbezogen werden.
Angesichts dieser Schwierigkeiten führte die Regierung im Jahr 2006 einen Strategieplan für die Umsetzung der Verordnungen (Strategic Plan for the Implementation of the Land Acts) ein. Die Ausgabe von Landtiteln gehört außerdem zu den tragenden Säulen von Kilimo Kwanza, einer nationalen Strategie zur Kommerzialisierung der tansanischen Landwirtschaft. Die Umsetzungsschwierigkeiten wurden hierdurch nicht gelöst und inzwischen müssen die Anstrengungen dringend verstärkt werden, da die Regierung aktiv Initiativen zur Produktionssteigerung und zur Förderung kommerzieller Investitionen in den Agrarsektor vorantreibt.
Das Engagement von Concern Worldwide für Landrechtssicherheit und Bewässerung
Mustafa Kibibi Balizila,
Bezirk Kibondo, Tansania
Das Zertifikat ist eine Sicherheit für die Kinder; wenn ich also sterbe, können sie das Land behalten. Ich habe auch den Namen meiner Frau zu dem Zertifikat hinzugefügt, da sie meine erste Frau ist. Ich wollte sie auch in das Zertifikat schreiben, weil wir, seit wir Teenager waren, das Land zusammen bearbeitet haben. Es ist also ihr Recht, wie das Recht ihrer Kinder. Ich denke, es ist wichtig, sie zu berücksichtigen.
Ali Mtuli and Edna Mafunde,
Bezirk Pawaga, Tansania
Wenn wir das Geld dafür hätten, würden wir uns gerne eins [ein CCRO] besorgen, um unser Land zu sichern. Früher wurde der Wert von Land nicht errechnet, aber jetzt wächst die Nachfrage und wir hören in den Nachrichten von Landraub. Daher ist das Land es jetzt wert, geschützt zu werden.
Concern Worldwide ist seit 1978 in Tansania aktiv. Damals lud der erste Präsident des Landes, Julius Nyerere, die Organisation ein, in Iringa an der Durchführung von Projekten zur Entwicklung der Kommunen mitzuwirken. Diese Region im südlichen Hochland war früher die Kornkammer Tansanias. In den letzten 20 Jahren wurde Iringa jedoch immer wieder von lang anhaltenden Dürreperioden heimgesucht. Allein im Jahr 2011 waren bei einer Gesamtbevölkerung von 245.000 mehr als 43.000 Bewohner der Region auf Nahrungsmittelhilfe angewiesen.
Zugang zu Land ist für die Menschen von Iringa überlebenswichtig, denn 90 Prozent von ihnen verdienen ihren Lebensunterhalt mit Landwirtschaft und Viehzucht. Ein Großteil des vorhandenen Potentials scheint bisher jedoch nicht ausgeschöpft: 40 Prozent der Fläche sind landwirtschaftlich nutzbar, aber nur 23,3 Prozent werden tatsächlich bewirtschaftet.
Die Sicherung von Landtiteln und Bewässerung sind Kernelemente der Arbeit von Concern, sowohl in dieser Region als auch darüber hinaus. Seit 2006 konzentrieren sich Concerns Programme darauf, arme und gefährdete Bewohner der Bezirke Iringa, Kilolo und Mtwara dabei zu unterstützen, ihr Recht auf einen angemessenen Lebensstandard wahrzunehmen. Dabei spielt die Formalisierung von Besitzrechten durch den Erwerb von CCROs eine Schlüsselrolle, wenn es gilt, den Zugang zu Land und die Kontrolle darüber zu verbessern. Diese Bemühungen haben große Erfolge erzielt. Concern hat die Ausgabe von über 9.500 CCROs unterstützt; das entspricht etwa einem Anteil von 16 Prozent an der landesweiten Gesamtanzahl dieser Zertifikate seit Inkrafttreten der Landverordnungen im Jahr 2001.
Seit 2009 wurden im Bezirk Iringa 103 von 125 Dörfern demarkiert. Jedes Dorf erhielt Landzertifikate, mit denen die Grenzziehung und die Ausgabe von einzelnen CCROs an die Haushalte vorbereitet wurden. Concern unterstützte die Entwicklung von Nutzungsplänen in zwölf Dörfern und leistete auch bei allen nötigen Schritten des Prozesses der Titelvergabe Hilfe, mit Ausnahme der Demarkierung und der Vermessung von Grenzen. Dies lag in der Verantwortung der Vermessungsbehörden (District Land and Village Councils). Im Distrikt Iringa wurden über 8.000 Landtitel ausgegeben, davon über 6.000 mit Unterstützung von Concern.
Die wichtigsten Schritte zum Erwerb von CCROs sind folgende:
- Bezirksbeamte erhalten die notwendige Ausrüstung, so zum Beispiel GPS-Geräte, Computer, Registrierungsunterlagen, Dienstsiegel und Software;
- Informationsveranstaltungen über die Vermessungsverordnungen (Village Land Act No. 5 von 1999 und Land Dispute Act No. 2 von 2002) werden durchgeführt;
- Schiedsstellen und Komitees zu Landfragen werden gebildet;
- die Schiedsstellen und Komitees werden in Schulungen über ihre Aufgaben informiert;
- in Zusammenarbeit mit dem Dorfkomitee und der Dorfversammlung werden Landnutzungspläne für das Dorf vorbereitet;
- gemeinsam mit dem Dorfkomitee für Landfragen werden die Grenzen des Dorfs abgesteckt und vermessen;
- die Zertifikate der Dörfer werden vorbereitet und ausgegeben;
- Entscheidungen über einzelne Parzellen innerhalb des Dorfs werden getroffen;
- Landregistraturen werden eingerichtet und mit Siegeln, Registern des dörflichen Lands, Aktenschränken und ähnlichem ausgestattet;
- eine Datenbank mit relevanten Informationen über das Land, wie zum Beispiel den GPS-Koordinaten der Parzellen, wird eingerichtet;
- CCROs werden registriert und an einzelne Landbesitzer ausgegeben; und
- die Kosten pro CCRO und Haushalt werden bezahlt. Diese wurden vom Bezirkskomitee für Landfragen auf 50.000 Tansania-Schilling (TZS) festgelegt, das entspricht 31,60 US-Dollar.
Wie Kleinbauern die Landtitel nutzen können
Wenn man die Anzahl der vergebenen Landtitel betrachtet, ist diese Kooperation eine der erfolgreichsten ihrer Art in Tansania. Der Nutzen für jeden einzelnen Landwirt liegt in der Sicherheit, die ein Landtitel mit sich bringt. Er verschafft den Bauern gesetzliche Anerkennung sowie einen Anspruch auf Entschädigung, wenn jemand sich das Land später aneignet. Dies ist vor allem angesichts einer neuen Initiative wichtig, die die Regierung beim Weltwirtschaftsforum zu Afrika im Jahr 2010 vorgestellt hat.
Der Southern Agricultural Growth Corridor of Tanzania (Südlicher Korridor des landwirtschaftlichen Wachstums in Tansania, SAGCOT) umfasst ein Drittel des tansanischen Festlands, von Dar Es Salaam im Osten bis Morogoro, Iringa, Mbeya und Sumbawanga im Westen. Die Strategie wurde entwickelt, um sowohl Kleinbauern als auch landwirtschaftliche Großbetriebe durch Partnerschaften mit der Regierung, mit Unternehmen und mit Gebern in die Lage zu versetzen, kommerziell erfolgreich zu wirtschaften. Diese Initiative wird wahrscheinlich im Laufe der Zeit erhebliche Folgen für Kleinbauern haben, denn Agrarunternehmen werden zunehmend Investitionen in Tansania erwägen. Gerade jetzt müssen die Besitzrechte der Bauern gesichert werden, damit ihre zukünftige Position gestärkt wird.
Ein zweiter konkreter Vorteil der Landtitel ist, dass sie Bauern Zugang zu Darlehen verschaffen, mit deren Hilfe sie investieren und so ihre Erträge steigern können. Außerdem hat der Prozess zu größerer Klarheit geführt, wie groß die tatsächlich nutzbare Fläche ist. Zahlreiche Dörfer und Kommunalbehörden mussten einsehen, dass sie weniger Land zur Verfügung haben als gedacht. Der stellvertretende Beauftragte für Landfragen, Msigwa Malaki, erklärte: „Als das Land demarkiert wurde, dachten wir, es gäbe genug; wir dachten sogar, es gäbe brachliegendes Land. Nach der Vermessung stellten manche Dörfer allerdings fest, dass sie nicht über ausreichende Flächen zur Aufnahme in SAGCOT verfügten“ (Msigwa Malaki, persönliches Gespräch). Durch präzise gezogene Grenzen und die Klärung des Besitzes an natürlichen Ressourcen konnten Möglichkeiten der Ausbeutung vermindert und die Anzahl von lang andauernden Streitfällen reduziert werden.
Die Herausforderung der Bewässerung
Hamidu N’gulali,
Dorf Ruaha, Tansania
Der Anbau von Zwiebeln ist sehr anspruchsvoll und der Mangel an Arbeitskräften hat mich sehr eingeschränkt. Man kann seine Farm nicht alleine bewirtschaften. Und obwohl ich auf dem ganzen Morgen nur Reis angebaut habe, konnte ich nur zehn Säcke voll ernten, weil der Regen in diesem Jahr früher aufgehört hat als sonst.
Safia Mohamed,
Bezirk Kibondo, Tansania
Es ist gut zu wissen, dass selbst wenn ich sterbe, das Land sicher ist, denn ich habe die Namen vierer meiner Kinder in das Zertifikat eingetragen, zwei Mädchen und zwei Jungs (ich konnte maximal vier eintragen). Ich habe 6,23 Morgen Land und baue Mais, Bohnen, Kartoffeln und Kassava an. Einer meiner Söhne ist verheiratet und hilft mir. Wir tauschen unsere Erträge untereinander. Wenn also jemand von uns ein Problem hat, teilen wir uns die Ernte (Kassava oder Mais). Ich esse zweimal täglich, mittags und abends, da ich sehr früh morgens auf das Feld gehe. Ich denke, das Zertifikat ist wichtig, weil man die Farm so verpachten kann. Das möchte ich im Notfall tun. Ich könnte das Land verpachten und damit die Schule meiner Kinder bezahlen.
Landtitel verbessern die Situation der betroffenen Bauern nur zum Teil. Die Versorgung mit Wasser stellt für die Bauern von Iringa eine weitere Herausforderung dar. Bei zunehmend unvorhersehbaren Niederschlagsmustern birgt die Abhängigkeit vom Regenfeldanbau ernste Risiken. Weniger als 40 Prozent der Bezirksfläche verfügen über Bewässerungssysteme und viele Bauern können ihr Land nicht bestellen. Daher ist Bewässerung eine Schlüsselkomponente des Integrated Livelihood Programme von Concern. Hier wird gemeinsam mit dem Bezirksministerium für Landwirtschaft daran gearbeitet, die Bewässerungsinfrastruktur zu verbessern, indem der Ausbau von Kanälen sowie der Bau von Schleusen unterstützt werden. Auch die Einführung von Tröpfchenbewässerung ist zu einer wichtigen Strategie von Concern geworden.
Im Dorf Luganga wurden zum Beispiel Schleusen entlang des Kanals gebaut, um die Wassermengen für jeden Bauern zu regulieren. Die Bewohner wählten einen Ausschuss, der für die überwachung des Wasserverbrauchs, die Einnahme der Gebühren und die Aufsicht über die Wartung des Kanals verantwortlich ist. Dieser Kanal versorgt 300 Landwirte mit Bewässerung, so dass sie ihre Felder bestellen, ihre Ernährungssicherheit steigern und ihr Auskommen verbessern können. Concern unterstützte diesen Ausschuss und die Bewohner von Luganga, die Wasser aus diesem Kanal nutzen, durch Aufbauhilfe und Schulungen.
Der Fortschritt, den der Bau dieses Kanals darstellt, bringt jedoch auch Probleme mit sich. Ohne den Verlust von Wasser durch Versickerung entlang des Kanals wäre eine zweite Ernte möglich, so dass Ernährungssicherheit und die Einkommen erhöht werden könnten. Dieser Wasserverlust hat auch Auswirkungen auf den Wert des Landes; bei sinkenden Erträgen sinkt dieser ebenfalls. Im Gegenzug bedeutet ein besserer Zugang zu Wasser auch einen höheren Wert. Anfang 2012 wurde eine vorübergehende Verbindung zur Wasserversorgung von 450 weiteren Farmen eingebaut. Seitdem ist das verfügbare Wasservolumen bei allen Betrieben gesunken und hat dadurch das Produktionsniveau verringert.
Konflikte zwischen Hirten und Bauern des Bezirks nehmen in jüngster Zeit zu. Den Hirten wurden zwar Parzellen zugewiesen; es kann aber vorkommen, dass diese über keine Wasserquellen verfügen. Dann bleibt den Hirten nichts anderes übrig, als fremdes Farmland in Anspruch zu nehmen und dem jeweiligen Bauern für den Zugang zu Weideland und Wasser eine Gebühr zu entrichten.
Fortschritte bei der Sicherung von Landtiteln
Kaleta Sharaba Kabika,
Bezirk Kibondo, Tansania
Uns gehört das Land, wir bebauen es und bekommen Nahrung für unsere Kinder. Ich würde mich schlecht fühlen, wenn mein Name nicht mit auf dem Zertifikat stünde. Das wäre ein großes Risiko für mich und meine Kinder, sollte mein Mann versterben. Außerdem könnte er das Land ohne mein Wissen verkaufen oder verpachten. Jetzt, wo das Zertifikat in unser beider Namen ist, müssen wir gemeinsam entscheiden, ob wir das Land verkaufen oder verpachten wollen.
Obwohl in Iringa der Nutzen von Landtiteln langsam sichtbar wird, sind die Fortschritte in der Umsetzung der Landverordnung seit ihrem Inkrafttreten 2001 extrem zäh. Der Vermessungsbeamte des Bezirks Iringa stellte fest, dass der Landsektor im Staatshaushalt kaum Priorität erhält und dass im Vergleich Sektoren wie Gesundheit, Bildung und Infrastruktur höhere Mittelzuweisungen erhalten. Der Gesamtetat des Bezirks Iringa beträgt 189 Millionen TZS. Davon sollen zehn Millionen TZS von der Staatsregierung kommen. Die Bezirksvermessungsbehörde geht davon aus, dass sie tatsächlich nur etwa ein Drittel dieser Zuteilung erhalten wird. Zudem wurde für das Budget der Landverwaltung in Iringa für 2012/13 eine Obergrenze von 5,4 Millionen TZS festgesetzt. Angesichts der Belastungen des Gesamtetats und des eingeschränkten Budgets für die Verwaltung des Lands ist es fraglich, welche Priorität der Vergabe von Landtiteln tatsächlich eingeräumt wird. Wenn mehr Gemeinden und einzelne Bauern Landtitel erhalten sollen, muss deutlich mehr investiert werden.
In den letzten zehn Jahren hat die nationale Regierung Investitionen in den Agrarsektor politische Priorität gegeben. Angesichts der Mittel, die für SAGCOT bereitgestellt werden, ist es wichtig, dass auch der Prozess der Landtitelvergabe eine vergleichbare technische und finanzielle Unterstützung erhält. Die Menschen müssen bereits durch Landtitel abgesichert sein, bevor sich Unternehmen in Gebieten niederlassen, die schon genutzt werden. Die Titelvergabe sollte stattfinden, bevor die SAGCOT-Gebiete bestimmt werden.
Sowohl seitens der Gemeinden als auch der örtlichen Dorfkomitees sollten Kommunikation und Information zur Landtitelvergabe verbessert werden. Derzeit herrscht noch große Unsicherheit über den Prozess und die Frage, wer dafür zuständig ist. Die offizielle Prozedur sieht vor, dass die Landwirte sich an das Dorfkomitee für Landfragen wenden, um ihren Anspruch von der Dorfschiedsstelle bestätigen zu lassen. Mehrere Anträge werden dann zusammen an die Bezirksstelle für Landfragen geschickt. In einigen Fällen waren allerdings die Dorfkomitees der Meinung, die Bezirksstelle würde auf sie zukommen und ihnen ihre nächsten Besuche zur Grenzziehung mitteilen.
Die Erfahrungen von Concern mit dem Prozess der Landtitelvergabe unterstreichen, dass in dieser Angelegenheit ein großer politischer Einsatz notwendig ist, der von ergänzenden Strategien und integrierten Programm-Maßnahmen begleitet werden muss, darunter unterstützende Finanz- und Beratungsdienste sowie Bewässerungsprogramme. Diese Elemente sind allesamt gleich wichtig und können isoliert nur eingeschränkt ihre Wirkung entfalten. Greifen aber alle Komponenten ineinander, können sie sowohl die Investitionen in den Prozess der Landtitelvergabe als auch seine Wirkung in Tansania auf Jahre hinaus erhalten und stärken.
Fallstudie: Landtitel im Bezirk Iringa, Tansania
Anna Mdeka zeigt stolz ihr CCRO. Dieser Titel stellt für sie einen wichtigen Zuwachs an Sicherheit und Unabhängigkeit dar. Vor einigen Jahren verlor Anna ein Bein und ihr Leben hat sich seitdem entscheidend verändert. Vorher betrieb sie Handel, heute ist sie vollständig auf die Erträge ihrer Farm angewiesen. Concern Worldwide begann 2006 damit, den CCRO-Prozess im Dorf Luganga, Division Pawaga, zu unterstützen. Die Dorfbewohner wurden von dem Dorfkomitee und Concern über den Prozess informiert und das Land wurde vermessen und markiert. Annas Farm war 2008 eine der ersten, die vermessen wurden, und ein Jahr später gehörte sie zu den ersten fünf Dorfbewohnern, die ein offizielles CCRO erhielten.
Mein Sohn hat mir von den CCROs erzählt. Er hatte auf einer Versammlung davon gehört und als er nach Hause kam, hat er mich dazu ermutigt, einen Antrag zu stellen. Er hat mir erklärt, dass ich mit dem CCRO einen Kredit beantragen kann, und ich fand den Gedanken gut, dass mir niemand wegen meiner Farm Schwierigkeiten machen kann. Ich bin verheiratet und musste den Antrag erst mit meinem Mann besprechen. Er hat noch zwei Ehefrauen, aber er hat mir zwei Morgen Land gegeben und ich habe den CCRO-Antrag nur in meinem eigenen Namen gestellt.
Concern hat Anna während des gesamten Prozesses unterstützt, unter anderem wurde auch die Gebühr von 50.000 TZS (31,60 US-Dollar) übernommen, die vom Vermessungsamt des Bezirks für die Demarkierung und die Bearbeitung des Titels angesetzt wurde. Für Anna besteht der Hauptvorteil ihres Landtitels darin, dass sie sich nun sicher fühlt und weiß, dass diese beiden Morgen ihr gehören und ihr nicht genommen werden können. Als eine von drei Ehefrauen ist Anna jetzt weniger abhängig und kann ihre eigene Lebensgrundlage besser schützen.
Anna hat den Titel zwar nun schon seit vier Jahren, sie hat ihn aber noch nicht genutzt, um einen Kredit zu bekommen. Doch sie hat genaue Vorstellungen darüber, was sie mit einem Kredit tun würde:
Ich würde mir gerne 500.000 TZS leihen, um damit Schweine und noch mehr Pflanzen zu kaufen. Ich möchte gerne unterschiedliche Pflanzen anbauen und mehr Geld verdienen. Ich weiß aber nicht, wie ich es anstellen soll, einen Kredit aufzunehmen.
In Iringa wissen die Menschen oft nicht, wie sie mithilfe ihrer Titel einen Kredit aufnehmen sollen. Bisher haben nur 21 der 8.000 Menschen mit Landtiteln diese als Sicherheit für ein Darlehen nutzen können. Dabei handelte es sich zudem um gut entwickelte Betriebe, die Waren für den Markt produzierten und zu einem gewissen Grad mechanisiert waren. Die Finanzinstitute bevorzugen Betriebe mit diesen Merkmalen und bieten daher für Kleinbauern nur eingeschränkte Finanzierungsmöglichkeiten.
Darüber hinaus sind die Titel noch nicht vollständig als Hypothekensicherheit anerkannt und Finanzinstitute akzeptieren sie nur ungern. Das Ministerium für Land ist zwar im Begriff, die Titel in das Gesetz über die Registrierung von Land aufnehmen zu lassen, dies wird aber noch Zeit in Anspruch nehmen. Bis dahin wird das Zertifikat nur eingeschränkt von Nutzen sein, da wichtige Zusatzinformationen und begleitende Unterstützungsstrategien fehlen.
Die Wasserversorgung stellt eine weitere Herausforderung für Anna dar:
Wenn ich nicht genug Wasser aus dem Kanal bekomme, breitet sich Unkraut auf meinem Land aus. Der Kanal ist in keinem guten Zustand. Wenn Concern ihn nicht während der letzten drei Jahre saniert hätte, könnten wir in diesem Dorf nichts anbauen.
Anna’s Parzelle liegt am Kanal und sie kann dort Reis anbauen. Sie erntet pro Saison zwischen 26 und 30 Säcke Reis. Nach der Haupternte, wenn das Land trockener wird, baut sie dort Mais an. Sie verdient durchschnittlich in jeder Erntesaison 600.000 TZS (380 US-Dollar). Einen Teil ihres Reisertrags tauscht sie gegen Mais und Fleisch.
Bevor sie geht, erzählt Anna, dass ihr eigenes CCRO ihren Mann angeregt hat, sich mit dem Thema zu beschäftigen. und dass er mittlerweile selbst einen Titel hat. Die Unterstützung des Titelvergabeprozesses durch Concern expandiert und gibt vielen Menschen der Gemeinde die Möglichkeit, sich die Kontrolle über Land zu sichern, das sie schon seit Jahren bewirtschaften. Im Jahr 2011 wurden weitere 119 Parzellen in Annas Dorf vermessen und markiert.