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Uganda

 

Eine eingehendere Betrachtung von Hunger und Unterernährung


 
   
Juni 2019
Foto: Mirjam Knickriem/Welthungerhilfe; Landschaft in Kanakomon, Uganda. Ausblenden

Verbreitete Armut und geringe landwirtschaftliche Produktivität verschärfen Hunger und Unterernährung

Foto: Mirjam Knickriem/Welthungerhilfe; Annakon Magret, Dorfälteste von Nabokat, Uganda. Ausblenden
ABBILDUNG 1: KARTE VON UGANDA

Map of Uganda   Download/Diese Seite Drucken

Uganda ist ein Land mit niedrigem Einkommen und einer schnell wachsenden Bevölkerung, die unter weit verbreiteter Armut leidet. Die Bevölkerungszahl lag 2017 bei 43 Millionen und wächst jährlich um 3,3 Prozent, sodass sie bis 2050 voraussichtlich die 100-Millionen-Marke überschreiten wird (UN DESA Population Division 2017). Ugandas Armutsquote belief sich 2016 auf 41,6 Prozent, gegenüber mehr als 60 Prozent in den 1990er-Jahren, allerdings mit gewissen Schwankungen in den vergangenen Jahren. Das Bruttoinlandsprodukt pro Kopf betrug 2017 nur 606 US-Dollar gemäß aktuellem Kurswert; das ist weit weniger als die Hälfte des Durchschnittswerts für Subsahara-Afrika, der mit 1.574 US-Dollar beziffert wird (Word Bank 2019).

Die Landwirtschaft spielt eine entscheidende Rolle in der ugandischen Wirtschaft. 68 Prozent der ugandischen Beschäftigten arbeiten in der Landwirtschaft, sieben Prozent in der Industrie und 25 Prozent im Dienstleistungssektor. Gleichzeitig werden 25 Prozent des BIP in der Landwirtschaft, 20 Prozent in der Industrie und 47 Prozent im Dienstleistungssektor erwirtschaftet (World Bank 2019). Das wichtigste Exportprodukt des Landes ist Kaffee, der 2018 allerdings erstmals von Gold übertroffen wurde (BOU 2019). Uganda hat eine hohe Biodiversität, fruchtbare vulkanische Böden, diverse Süßwasserseen mit Bewässerungspotenzial sowie zwei Regenzeiten pro Jahr, die der landwirtschaftlichen Produktion zugutekommen. Allerdings wurde Ugandas Landwirtschaft in letzter Zeit von Dürren sowie zerstörerischen Pflanzenkrankheiten und Schädlingen in Mitleidenschaft gezogen. Um die Produktivität zu steigern und die Ernährungssicherheit zu verbessern, könnte Uganda die Beratung von LandwirtInnen ausweiten, Produktionsmitteln vermehrt nutzen und Nachernteverluste verringern (World Bank 2018).

Uganda hat in den vergangenen Jahren eine beträchtliche Anzahl Flüchtlinge aufgenommen, deren Gesamtzahl von rund 200.000 im Jahr 2012 auf aktuell mehr als 1,2 Millionen gestiegen ist. Die Flüchtlinge kommen vor allem aus dem benachbarten Südsudan und der Demokratischen Republik Kongo (UNDP 2017; UNHCR 2019). Die Aufnahme von Flüchtlingen ist von einer außergewöhnlichen Willkommenskultur geprägt, weswegen das UN-Hochkommissariat für Flüchtlinge Ugandas Flüchtlingspolitik als eine der fortschrittlichsten der Welt bezeichnet (UNHCR 2018). Im Gegensatz zu vielen Ländern in denen Geflüchtete oft in Flüchtlingslager verbannt werden, erhalten diese in Uganda ein Stück Land und Zugang zu Dienstleistungen wie Gesundheitsversorgung und Bildung und werden in die Gesellschaft integriert. Aufgrund der begrenzten Ressourcen und Problemen mit unsachgemäßer Mittelverwaltung wird es immer schwieriger für Uganda, für die wachsende Flüchtlingsbevölkerung zu sorgen (CSIS 2018).

Uganda war in der jüngsten Vergangenheit relativ friedlich und stabil. Im Norden des Landes flackerten jedoch mehrere Rebellionen auf, insbesondere auch gewalttätiges und terrorisierendes Auftreten der Lord’s Resistance Army zwischen 1987 und 2006 (Souaré 2009; HRW 2012). Im Demokratieindex wird Uganda als „hybrides Regime“ klassifiziert, in dem es zu erheblichen Unregelmäßigkeiten bei Wahlen kommt, weshalb diese nicht als frei und fair eingestuft werden (EIU 2018).

Hunger und Unterernährung in Uganda

Foto: Imke Lass/Welthungerhilfe; Bauer Jack Turyamushanga, seine Frau und ein Erntehelfer neben Chiliernte, SkillUp! Projekt bei Fort Portal, Uganda. Ausblenden

Die WHI-Werte für jedes Land werden auf Basis der folgenden vier Indikatoren ermittelt:

  1. UNTERERNäHRUNG: der prozentuale Anteil der Unterernährten an der Bevölkerung (Indikator für den Anteil der Menschen, die ihren Kalorienbedarf nicht decken können);
  2. AUSZEHRUNG BEI KINDERN: der Anteil von Kindern unter 5 Jahren, die an Auszehrung leiden (damit ist ein zu niedriges Gewicht in Bezug auf die jeweilige Größe gemeint, ein Beleg für akute Unterernährung);
  3. WACHSTUMSVERZöGERUNG BEI KINDERN: der Anteil von Kindern unter fünf Jahren, die wachstumsverzögert sind (damit ist eine zu geringe Körpergröße in Bezug auf auf das jeweilige Alter gemeint, ein Beleg für chronische Unterernährung);
  4. KINDERSTERBLICHKEIT: die Sterblichkeitsrate von Kindern unter fünf Jahren (ein Indikator, der zum Teil das fatale Zusammenwirken von mangelnder Nährstoffversorgung und einem ungesunden Umfeld widerspiegelt).
ABBILDUNG 2: Ugandas Welthunger-Index-Werte und Indikatorwerte 2000, 2005, 2010 und 2018

Ugandas Welthunger-Index-Werte und Indikatorwerte 2000, 2005, 2010 und 2018   Download/Diese Seite Drucken Quelle: die Autorinnen
Anmerkung: Die Unterernährungswerte beziehen sich auf deren Verbreitung von Unterernährung in der Gesamtbevölkerung des Landes; Wachstumsverzögerung, Auszehrung und Kindersterblichkeit beziehen sich jeweils auf die Indikatorwerte für Kinder unter fünf Jahren. Die Daten für die WHI-Werte sowie zu Wachstumsverzögerung bei Kindern und Auszehrung bei Kindern stammen aus den Perioden 1998 bis 2002 (2000), 2003 bis 2007 (2005), 2008 bis 2012 (2010) und 2013 bis 2017 (2018). Das Datenmaterial zur Unterernährung wurde in den Zeiträumen 1999 bis 2001 (2000), 2004 bis 2006 (2005), 2009 bis 2011 (2010) und 2015 bis 2017 (2018) erfasst. Die Daten zur Kindersterblichkeit wurden in den Jahren 2000, 2005, 2010 und 2016 (2018) erhoben. Informationen zur Berechnung der WHI-Werte finden sich in Anhang A des WHI-Berichts 2018; zu den Quellen, aus denen die Daten zusammengestellt wurden, in Anhang B.

Ugandas WHI-Wert für 2018 liegt bei 31,2 und damit am oberen Ende der Schweregradstufe ernst. Dies entspricht zwar einer relativen Verbesserung zu den WHI-Werten von 2000 und 2005 (41,2 bzw. 34,2), bedeutet aber nahezu keinen Fortschritt seit 2010 (31,3 – siehe Abbildung 2). Von 119 Ländern in der WHI-Rangliste für 2018 belegt Uganda Platz 105.

Bezogen auf die Indikatoren zur Berechnung der WHI-Werte liegt Ugandas Unterernährungsrate für den Zeitraum 2015 bis 2017, die für den WHI-Wert 2018 herangezogen wird, bei 41,4 Prozent. Sie ist seit der Periode 2004 bis 2006 kontinuierlich gestiegen, was auf einen wachsenden Anteil der Bevölkerung hinweist, der nicht in der Lage ist, seinen Mindestkalorienbedarf regelmäßig zu decken. Uganda hat in der Vergangenheit regelmäßig Dürren erlitten, die sich auf die landwirtschaftliche Produktion und die Ernährungssicherheit auswirken und durch den globalen Klimawandel noch häufiger auftreten (OPM GOU 2012). 2015/2016 war ein Großteil Ostafrikas von einer mit dem Wetterphänomen El Niño in Verbindung gebrachten Dürre betroffen, wodurch sich die Ernährungsunsicherheit in Uganda bis ins Jahr 2017 deutlich erhöhte (OPM GOU 2017). Karamoja, eine der ärmsten und ernährungsunsichersten Regionen Ugandas und seit Langem auf Nahrungsmittelhilfe angewiesen, wurde von der jüngsten Dürre besonders hart getroffen und weist nach wie vor das höchste Maß an Ernährungsunsicherheit aller Regionen Ugandas auf (FEWS NET 2016, 2017, 2019).

Die Kindersterblichkeits- und Unterernährungsraten bei Kindern sind in Uganda in den vergangenen Jahren zurückgegangen (siehe Abbildung 2). Den neuesten Erhebungsdaten zufolge liegt die Wachstumsverzögerungsrate bei 28,9 Prozent und die Auszehrungsrate bei 3,6 Prozent, nach 44,8 Prozent und 5 Prozent im Zeitraum 2000 bis 2001. Ugandas Kindersterblichkeitsrate ist von 17 Prozent im Jahr 2000 auf 5,3 Prozent gesunken. Die Unterernährung von Kindern in Uganda ist auf eine Vielzahl von Faktoren zurückzuführen, darunter hohe Krankheitslast, unzureichende Praktiken der Mütter- und Kindesfürsorge, schwieriger Zugang zu sauberem Wasser, unzulängliche Sanitär- und Hygienepraxis sowie grundlegende politische und Umweltfaktoren (FTF 2018). Im Rahmen einer Studie im ländlichen Uganda in der Region Ankole wurde eruiert, dass die Haupteinflussfaktoren für Wachstumsverzögerung ein schlechter Zugang zu geeigneter Beikost, das Geschlecht des Kindes (Jungen waren eher wachstumsverzögert als Mädchen), Ernährungsunsicherheit, das geringe Wissen der primären Fürsorgeperson über Wachstumsverzögerung wie auch ein schlechter sozioökonomischer Status waren (Bukusuba, Kaaya, and Atukwase 2017). WHO und UNICEF empfehlen ausschließliches Stillen bis zum Alter von sechs Monaten. In Uganda werden 66 Prozent der Kinder unter sechs Monaten ausschließlich gestillt – eine Quote, die sich seit 2000 kaum verändert hat. Unter den Kindern im Alter von sechs bis 23 Monaten erhalten nur 15 Prozent eine angemessene Mindesternährung, was allerdings einer Verbesserung gegenüber dem vergleichsweise niedrigeren Anteil von nur sechs Prozent im Jahr 2011 entspricht (UBOS and ICF 2012, 2018).

Auf regionaler Ebene zeigen sich erhebliche Unterschiede im Ernährungszustand von Kindern. Die höchste regionale Wachstumsverzögerungsrate gibt es mit 40,6 Prozent in der Region Tooro im Westen des Landes, die höchsten regionalen Auszehrungsraten finden sich im Norden mit 10,4 Prozent in West Nile und 10 Prozent in Karamoja (siehe Tabelle 1). Karamojas hohe Auszehrungsrate lässt sich zumindest teilweise durch das hohe Ausmaß an Armut, Ernährungsunsicherheit und Kinderkrankheiten erklären, während die hohe Auszehrungsrate in West Nile vermutlich der großen Flüchtlingsbevölkerung geschuldet ist, innerhalb derer eine hohe Unterernährungsrate bei Kindern festzustellen ist (Buzigi 2018). Die Region Tooro ist im Vergleich zu anderen Regionen Ugandas weder besonders arm, noch war sie je durch Dürren so gefährdet wie andere Regionen (UBOS and ICF 2018; Groen and Jacobs 2012). In Bezug auf die Ernährungspraktiken bei Säuglingen und Kleinkindern schneidet die Region dagegen schlecht ab: Von 15 Regionen weist sie die zweitniedrigste Rate von Kindern im Alter von 6 bis 23 Monaten auf, die eine angemessene Mindesternährung erhalten (UBOS and ICF 2018). Im Südwesten des Landes führen Defizite in den Bereichen Wasser, Sanitärversorgung und Hygiene in Kombination mit schlechten Kinderernährungspraktiken bei Kindern zu Ernährungsunsicherheit, und das trotz eines relativ guten Zugangs zu Nahrungsmitteln in ausreichender Menge und Qualität (FTF 2018).

Die typische Ernährung in Uganda ist durch eine relativ geringe Ernährungsvielfalt und wenig mikronährstoffreiche Nahrungsmittel gekennzeichnet. Eine Studie in Kampala und zwei ländlichen Regionen im Südwesten und Norden Ugandas offenbarte erhebliche Unterschiede bei der Aufnahme von Nahrungsmitteln und Mikronährstoffen in den verschiedenen Regionen. Obendrein wurde eine weit verbreitete unzureichende Aufnahme von Vitamin A, Vitamin B12, Eisen, Zink und Kalzium ermittelt – Spurenelemente, die besonders durch den Verzehr von tierischen Nahrungsmitteln zugeführt werden können (Harvey, Rambeloson, and Dary 2010). Eine Studie im Distrikt Kiboga in der Region North Central belegte, dass die Ernährung der StudienteilnehmerInnen hauptsächlich aus weißen Wurzeln, Knollen und Bananen besteht, jedoch kaum aus anderem Obst und Gemüse und tierischen Produkten (Nabuuma, Ekesa, and Kennedy 2018). Im urbanen Uganda ist der Konsum von Obst und Gemüse gering und wird deutlich stärker vom Bildungsstand als vom Haushaltseinkommen beeinflusst, was darauf hindeutet, dass mehr getan werden sollte, um das Bewusstsein um die Bedeutung des Verzehrs von Obst und Gemüse zu schärfen (Madhavan-Nambiar et al. 2015). Eine Analyse der Ernährung von pastoralen und agropastoralen Haushalten im „Cattle Corridor“ (Rinderkorridor) in der Region North Central legte nahe, dass selbst in pastoralen Haushalten Fleisch, Geflügel und Eier nur selten konsumiert werden (Mayanja et al. 2015).

Schlechte Wasser-, Sanitär- und Hygienebedingungen beeinträchtigen nachweislich den Ernährungszustand von Kindern, höchstwahrscheinlich durch negative Auswirkungen auf ihre Gesundheit und ihre Fähigkeit, Nährstoffe optimal aufzunehmen (Fink, Günther, and Hill 2011; Ngure et al. 2014). Während 78 Prozent der ugandischen Haushalte Zugang zu einer einwandfreien Trinkwasserquelle haben, nutzen nur 19 Prozent derselben sachgerechte sanitäre Anlagen (UBOS and ICF 2018).

Wirksame Maßnahmen zur Verringerung von Ernährungsunsicherheit und Unterernährung

Foto: Welthungerhilfe; Begünstigte mit ihrer neuen Ziege, welche sie im Rahmen des Resilience through Wealth, Agriculture, and Nutrition (RWANU) Programms in Karamoja, Uganda, erhalten hat, ein fünfjähriges USAID Food for Peace Development Food Assistance Programm (DFAP). Ausblenden

Tabelle 1:

Ugandas WHI-Indikatorwerte nach Regionen

Region Wachstumsverzögerung bei Kindern (%) Auszehrung bei Kindern (%) Kindersterblichkeit (%)
South Central 26,5 1,1 5,9
North Central 28 2,3 7,4
Kampala 18,1 3,9 6,4
Busoga 29 3,6 8,4
Bukedi 22,8 2,8 7,2
Bugisu 36 5 6,8
Teso 14,3 2,2 5,4
Karamoja 35,2 10 10,2
Lango 22,3 5 6,8
Acholi 30,6 3,9 6,9
West Nile 33,9 10,4 8,6
Bunyoro 34,5 2,3 8,9
Tooro 40,6 3,4 8,1
Kigezi 30,7 3,7 6,7
Ankole 29,3 1,8 7,2
Gesamt 28,9 3,5 7,3
Quelle: UBOS und ICF (2018).
Hinweis: Alle Indikatorwerte beziehen sich auf Kinder unter fünf Jahren. Unterernährungswerte auf subnationaler Ebene sind für Uganda derzeit nicht verfügbar. Die hier aufgeführte Gesamt-Auszehrungsrate bei Kindern unterscheidet sich leicht von der in Abbildung 2 aufgeführten, da die Verbreitung von Auszehrung, wie sie in UBOS und ICF (2018) dargestellt wird, minimal überarbeitet wurde, bevor sie in der Quelle „UNICEF, WHO and World Bank (2018)“ – der Quelle für die Auszehrungs- und Wachstumsverzögerungsraten bei Kindern für die WHI-Werte und Abbildung 2 – herangezogen wurde. Für Daten zur Kindersterblichkeit wird hier UBOS and ICF (2018) als Quelle genannt, die subnationale Werte für den Zehnjahreszeitraum vor der Erhebung im Jahr 2016 enthält, während UN IGME (2017), das Schätzungen für einzelne Kalenderjahre enthält, in Abbildung 2 zitiert und für die Berechnung der WHI-Werte verwendet wird.

Eine Reihe von Studien bewertet die Wirksamkeit von Maßnahmen zur Verringerung von Hunger und Unterernährung in Uganda. Nachfolgend findet sich eine diesbezügliche Auswahl, welche ernährungsspezifische Maßnahmen wie beispielsweise Stillförderung und Nahrungsergänzungsprogramme sowie Formen ernährungssensibler Interventionen, wie etwa landwirtschaftliche Programme zur Herstellung von mikronährstoffreichen Nahrungsmitteln, illustrieren, die speziell in Uganda nachweislich zur Reduzierung von Hunger und/oder Unterernährung beigetragen haben.

Zur Verbesserung der Ernährung und Nährstoffversorgung von Säuglingen und Kindern hat sich eine Reihe von Maßnahmen bewährt. Ein Programm zur Förderung des ausschließlichen Stillens von Säuglingen, das eine Peer-Beratung von Müttern vor und nach der Geburt umfasste, führte zu einer erhöhten Stillrate bei den teilnehmenden Mutter-Kind-Paaren im Vergleich zur Kontrollgruppe (Tylleskär et al. 2011). „Byokulia Bisemeye mu Bantu“, ein NRO-geführtes Programm zur Säuglings- und Kleinkindernährung in West-Uganda, bot den Fürsorgepersonen von untergewichtigen Kleinkindern im Alter von sechs bis 59 Monaten Ernährungsbildung hinsichtlich der Nährstoffversorgung von Kindern ebenso wie ein lipidbasiertes Nahrungsergänzungsmittel und führte eine Wachstumskontrolle der Kinder durch. Im Vergleich zu den Kindern der Kontrollgruppe profitierten die teilnehmenden Kinder von einer größeren Ernährungsvielfalt und wurden häufiger gefüttert. Die Fürsorgepersonen bewiesen überdies auch nach Beendigung ihrer Teilnahme an dem Programm ein größeres Wissen über den Nährstoffbedarf von Kindern (Ickes et al. 2017). Im Rahmen eines Pilotprojekts für ein Schulspeisungsprogramm in Nord-Uganda erhielten Kinder im Alter von sechs bis acht Jahren sechs Monate lang an fünf Tagen pro Woche zwei, ein oder keine hart gekochten Eier: Die Kinder, die zwei Eier erhielten, waren hinsichtlich Körpergröße und -gewicht schneller gewachsen als die anderen Gruppen (Baum, Miller, and Gaines 2017).

Agrarinterventionen haben ebenfalls Potenzial, die Ernährungssicherheit zu verbessern. Ein groß angelegtes Programm zur Förderung der Produktion und des Verzehrs von Vitamin-A-reichen orange-fleischigen Süßkartoffeln in ländlichen landwirtschaftlichen Haushalten in Zentral- und Ost-Uganda bewirkte eine größere Aufnahme von Vitamin A bei Frauen und Kindern und verbesserte den Vitamin-A-Haushalt der Kinder. Das Programm umfasste landwirtschaftliche und ernährungsbezogene Schulungen sowie Strategien zur Vermarktung der Ernte (Hotz et al. 2012). Ein umfangreiches landwirtschaftliches Beratungsprogramm der NRO BRAC in Uganda bot Kleinbäuerinnen einen einfacheren Zugang zu Saatgut für ertragreiche Sorten und eine Schulung in landwirtschaftlichen Techniken. Mehrere Messungen zeigten, dass die Ernährung der teilnehmenden Haushalte im Verhältnis zur Kontrollgruppe quantitativ und qualitativ deutlich besser war. Der Grund lag höchstwahrscheinlich darin, dass die begünstigten Personen kostengünstige landwirtschaftliche Techniken anwandten, die zu einer höheren landwirtschaftlichen Produktion führten (Pan, Smith, and Sulaiman 2018). Anhand einer Studie wurde belegt, dass LandwirtInnen, die selektiv gezüchtete Milchkuhrassen besitzen, höhere Milchmengen und absätze erzielten sowie einen größeren Milchkonsum aufwiesen als solche mit lokalen, indigenen Milchkühen. Zudem wiesen Kinder in den Haushalten mit veredelten Rassen einen besseren Ernährungszustand gemessen an ihrer Körpergröße im Verhältnis zum Alter auf (Kabunga, Ghosh, and Webb 2017). Eine hochskalierte Schätzung der Wirkungen, die durch den Einsatz veredelter Bohnensorten auf nationaler Ebene erzielt würden, lässt darauf schließen, dass eine solche Maßnahme die Ernährungsvielfalt der Haushalte und die Ernährungssicherheit in Uganda erhöhen würde (Larochelle et al. 2015).

Programme zur sozialen Sicherung, insbesondere Geldtransferleistungen, werden in Entwicklungsländern häufig eingesetzt. Zwischen 2011 und 2015 unterstützte die Regierung Ugandas rund 560.000 Menschen mit ihrem Programm „Sozialhilfezuwendungen zur Selbstermächtigung“ (SAGE), einem Transferleistungsprogramm zugunsten vulnerabler Familien und älterer Menschen. Die Begünstigten gaben mehr Geld für Nahrungsmittel aus als eine vergleichbare Kontrollgruppe; die älteren Menschen berichteten von weniger Hungerperioden, während die Ernährungsvielfalt in vulnerablen Familien gestiegen war, in denen obendrein häufiger protein- und mikronährstoffreiche Nahrungsmittel konsumiert worden waren. Eine Wirkung auf die Nährstoffversorgung der Kinder wurde dagegen nicht festgestellt (Merttens et al. 2015; Merttens et al. 2016). Ein von UNICEF und dem Welternährungsprogramm gefördertes Programm unterstützte Haushalte mit Kindern im Vorschulalter in Karamoja entweder durch Geldtransfers oder Rationen mit angereicherten Nahrungsmitteln (Mais-Soja-Mischung, die mit verschiedenen Mikronährstoffen angereichert ist). Kinder, deren Familien Geldtransfers erhielten, profitierten von einer höherwertigen Ernährung (sie konsumierten mehr Fleisch, Eier und Milchprodukte), bessere Hygiene (durch mehr Latrinen und Handwaschvorrichtungen in gemeinschaftsfinanzierten Vorschulen) und einem geringeren Vorkommen von Durchfallerkrankungen, Darmwürmern und Anämie. Bei diesen Kindern wurde ferner eine Verbesserung der kognitiven Funktionen festgestellt. All diese Fortschritte wurden nicht in den Kontrollgruppen oder bei Kindern beobachtet, deren Familien die Nahrungsmittelrationen erhielten. Dies könnte eventuell daran liegen, dass Mais-Soja-Mischungen kaum nachgefragt werden, was bedeutet, dass die Familien sie nicht auf dem Markt verkaufen konnten (Gilligan and Roy 2016).

Regierungsstrategien zur Ernährungssicherung

Foto: Eva Haeberle/Welthungerhilfe; Siedlung südlich von Fort Portal, mit der höchsten Bergkette Ugandas, die Rwenzori Mountains, im Hintergrund. Ausblenden
  • Mit seinem Zweiten Nationalen Entwicklungsplan (NDPII, 2015/16 bis 2019/20) bekennt sich Uganda zu dem Ziel, „den Hunger zu beenden, Ernährungssicherheit und eine bessere Ernährung zu erreichen“ (GoU 2015, 96). Er beinhaltet die Zielsetzung, Wachstumsverzögerung bis 2019/2020 auf 25 Prozent zu reduzieren und bis 2040 vollständig zu beseitigen.

  • Die Nationale Ernährungsstrategie Ugandas (UFNP, 2003) zielt darauf ab, den Ernährungszustand aller UganderInnen mittels koordinierter multisektoraler Interventionen mit Fokus auf Ernährungssicherheit, höherwertige Ernährung und steigende Einkommen zu verbessern (GoU 2003).

  • Der Nationale Aktionsplan zur Ernährung (UNAP, 2011 bis 2016) erkennt den multidimensionalen Charakter von Mangelernährung an und betont die Notwendigkeit einer multisektoralen Koordinierung bei der Bekämpfung von Mangelernährung (GoU 2011). Ziel des UNAP ist es, „den Ernährungszustand aller UganderInnen zu verbessern, mit besonderem Fokus auf Frauen im gebärfähigen Alter, Säuglinge und Kleinkinder“ (GoU 2011, iii). Das Nachfolgeprogramm des UNAP, der Nationale Ernährungsstrategie- und Investitionsplan (NNS-IP), befindet sich in der Ausarbeitungsphase (SUN 2018; Turcan and Bene 2017).

  • Mit der Nationalen Agrarstrategie (2013) sollen Ernährungssicherheit und Haushaltseinkommen erhöht werden, indem die Produktivität in der nachhaltigen Landwirtschaft gesteigert wird, Arbeitsplätze geschaffen und der Handel gefördert werden. Darin wird überdies hervorgehoben, wie wichtig es ist, eine angemessene Kalorienzufuhr für die Bevölkerung sicherzustellen, die Produktion und den Konsum von vielfältigen und nahrhaften Nahrungsmitteln zu fördern und den Ernährungszustand von Kindern zu verbessern (GoU 2013).

  • Ziel des II. Strategieplans für den Agrarsektor (2015 bis 2020) ist es, Ugandas Agrarsektor von der Subsistenzwirtschaft in eine kommerzielle Landwirtschaft zu verwandeln und Arbeitsplätze zu schaffen, Haushaltseinkommen zu erhöhen und die Ernährungssicherheit der Haushalte zu gewährleisten. Das Thema Ernährung steht indes nicht im Vordergrund (Turcan and Bene 2017).

  • Uganda hat verschiedene Strategien und Programme zur Anpassung an den Klimawandel und zur Minderung seiner Folgen eingeführt, darunter das Nationale Rahmenprogramm für klimaintelligente Landwirtschaft, den Nationalen Anpassungsplan für den Agrarsektor und die Nationale Klimawandelstrategie (Irish Aid 2018).

  • Weitere Strategien der Politik mit möglichen Auswirkungen auf die Ernährungssicherheit sind die Nationale Sozialversicherungsstrategie (2015), die Nationale Gesundheitspolitik (2010 bis 2020) und der Nationale integrierte Strategie- und Aktionsplan zur frühkindlichen Entwicklung (2016) (Turcan and Bene 2017).

Empfehlungen für größere Fortschritte im Kampf gegen Hunger und Unterernährung

Foto: Welthungerhilfe; Begünstigte mit ihrer neuen Ziege, welche sie im Rahmen des Resilience through Wealth, Agriculture, and Nutrition (RWANU) Programms in Karamoja, Uganda, erhalten hat, ein fünfjähriges USAID Food for Peace Development Food Assistance Programm (DFAP). Ausblenden
  • Angesichts der Bedeutung einer angemessenen Ernährung zu Beginn des Lebens und der lebenslangen Folgen von Unterernährung bei Kindern ist es von entscheidender Bedeutung, dass Regierung und Geldgeber Maßnahmen zur Verbesserung der Kindesernährung Priorität einräumen. Dies kann beinhalten, dass die Fürsorgepersonen Schulungen zur Ernährung und Verhaltensänderung hinsichtlich der richtigen Ernährungspraktiken bei Säuglingen und Kleinkindern erhalten, der Zugang zu nahrhaften Nahrungsmitteln für Schwangere, Mütter und Kinder erleichtert wird und neben der Gesundheits- auch die Wasser- und Sanitärversorgung sowie die Hygienesituation verbessert werden, um Infektionen und den Befall durch Parasiten zu reduzieren. Die Bedürfnisse der gesellschaftlichen Gruppen innerhalb der ugandischen Bevölkerung sind unterschiedlich, und die Wahl von Programmen und Strategien für jeweilige Zielgruppen sollte sich an demografischen und subnationalen Daten orientieren, die als Grundlage zur Ermittlung der Hindernisse für eine gute Ernährung dienen.

  • Der Erfolg oder Misserfolg eines Landes hinsichtlich der Verbesserung der Ernährung wird von vielen Sektoren bestimmt – unter anderem der Landwirtschaft, Gesundheit, und sozialer Sicherung. Obwohl die Bedeutung eines multisektoralen Ansatzes für die Ernährung in der ugandischen Politik zweifellos anerkannt wurde, muss das Thema Ernährung deutlich stärker in die Strategien und Maßnahmen dieser Politikfelder integriert werden. Zu diesem Zweck und für eine größere gemeinsame Verantwortung hinsichtlich der Ernährung müssen die Evaluierungen der zuständigen Ministerien und Behörden Messungen der Fortschritte im Hinblick auf Ernährung umfassen (Turcan and Bene 2017).

  • In manchen Bereichen ist eine zusätzliche Unterstützung zur Ernährungssicherung auf Distrikt- und Subdistriktebene erforderlich. Dies könnte verschiedene Maßnahmen beinhalten, wie etwa eine verstärkte Qualifizierung von Distriktführungskräften, damit diese zu ExpertInnen und Vorbildern für Maßnahmen im Bereich Ernährung werden, Einbeziehung von Ernährung in bestehende Programme auf Distriktebene, wie beispielsweise landwirtschaftliche Beratung und Sozialversicherung, und schließlich eine Verbesserung der Datenverfügbarkeit auf Distriktebene, um darauf aufbauend Ernährungsprogramme zu entwickeln und zu bewerten (Agaba, Ghosh, and Griffiths 2017).

  • In der Maputo-Erklärung von 2003 und der Malabo-Vereinbarung von 2014 der Afrikanischen Union sind Ziele für das Wachstum und die Transformation des Agrarsektors festgelegt, einschließlich der Verpflichtung, den Hunger in Afrika bis 2025 zu beenden und mindestens zehn Prozent der öffentlichen Ausgaben in den Agrarsektor zu investieren (AU 2014). Für das Haushaltsbudget 2018/19 stellte die ugandische Regierung lediglich 3,8 Prozent des Staatshaushalts für die Landwirtschaft bereit (AU 2014; Namagembe 2018). Um die Quantität, Qualität und Nachhaltigkeit der Nahrungsmittelproduktion zu verbessern, sind höhere Ausgaben für die Landwirtschaft unerlässlich. Darüber hinaus ist eine Personalaufstockung in Regierungsstellen und Ministerien erforderlich, um die Strategien und Programme im Agrarsektor umzusetzen und zu koordinieren (FTF 2018).

  • Um die Produktivität und Widerstandsfähigkeit der Flüchtlingsbevölkerung zu erhöhen, müssen zusätzliche Maßnahmen ergriffen werden. Zu solchen Maßnahmen gehören die Schaffung sicherer Grundbesitzverhältnisse, eine stärkere fachliche Unterstützung der Bäuerinnen und Bauern, die Ausweitung tiermedizinischer Versorgung, um den Nutzen der Viehhaltung seitens der Flüchtlinge zu erhöhen und die Risiken von Tierkrankheiten zu minimieren, und nicht zuletzt eine bessere allgemeine Grundversorgung, u.a. in den Bereichen Gesundheits-, Wasser- Hygiene- und Sanitärversorgung (FAO 2018).

 

Fußnoten

  1. Die hier genannten Armutsquoten beziehen sich auf die internationale Armutsgrenze von 1,90 US-Dollar pro Tag und Kopf (Kaufkraftparität 2011).  
  2. Black et al. (2013) schätzen, dass weltweit fast die Hälfte aller Todesfälle bei Kindern auf Unterernährung zurückzuführen ist.  
  3. Wamani et al. (2007) zeigen, dass in weiten Teilen Subsahara-Afrikas die Wachstumsverzögerungsraten bei Jungen höher sind als bei Mädchen, und vermuten dahinter biologische, evolutionäre oder gesellschaftliche Gründe, obwohl sie Letzteres für weniger wahrscheinlich halten.  
  4. Eine „angemessene Mindesternährung“ ist ein Standard, der das Minimum bezüglich Ernährungsvielfalt und Mahlzeitenhäufigkeit vorgibt und unterschiedliche Empfehlungen für gestillte und nicht gestillte Kinder enthält, die Milch oder Milchprodukte als Ersatz für Muttermilch benötigen.  
  5. Die Autorinnen weisen darauf hin, dass ihre Erhebungsmethode – der 24-Stunden-Erinnerungszeitraum – den Fleischverzehr bei besonderen Anlässen, insbesondere in pastoralen Haushalten, möglicherweise nicht ausreichend erfasst hat.  
  6. Das Auftreten von Untergewicht bei Kindern, die am Programm teilnahmen, war signifikant höher als bei den Kindern der Kontrollgruppe. Dieser Unterschied gründet wahrscheinlich auf den ursprünglichen Teilnahmekriterien des Programms. So wurden untergewichtige Kinder ausgewählt mit dem Ziel, die Wachstumsdefizite nach Vollendung des 24. Monats wieder wettzumachen (Ickes et al. 2017).  
  7. Die Anzahl von Frauen mit Vitamin-A-Mangel erwies sich laut Grunddatenerhebung als unerwartet niedrig, sodass ein signifikanter Einfluss auf den Vitamin-A-Haushalt von Frauen nicht statistisch nachgewiesen werden konnte.  

Autorinnen

Jill Bernstein und Doris Wiesmann