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Ernährung in Zeiten knapper Land-, Wasser- und Energieressourcen


 
   
Von Claudia Ringler & Mark W. Rosegrant
Oktober 2012
Photo: Mark Zastrow, 2009; Die terrassenförmig angelegten Longsheng-Reisfelder, Guilin, China. Ausblenden

“Die enge Verbindung zwischen Wasser, Energie und Land macht deutlich, dass das Management eines jeden Bereichs nicht isoliert betrachtet werden kann, sondern als Teil eines integrierten Systems.”


European Report on Development, 2012
Foto: Lohnes/Welthungerhilfe, Indonesien, Simeulue, Bauer Jamil bereitet am 16.11.06 nahe des Ortes Leubang Hulu auf der Insel Simeulue (Aceh/Indonesien) sein Reisfeld mit einem Einachs-Traktor vor. Gespendet hatte ihn die Deutsche Welthungerhilfe, die damit die Lebensgrundlage und das Einkommen des Bauern verbessern will, 2006; Ausblenden

Anmerkung: Dieses Kapitel gibt Ansichten des Verfassers wieder, die nicht notwendigerweise den Ansichten von IFPRI, Welthungerhilfe oder Concern Worldwide entsprechen.

Eine Somalierin verkauft auf einem Markt in Jawhar in der Region Shabeellaha Dhexe in Somalia Brot. Gestiegene Nahrungsmittelpreise sind ein Signal für die Notwendigkeit eines neuen Modells. UN Photo/Stuart Price.

Bei dem Streben nach landwirtschaftlichem und ökonomischem Wachstum blieben sowohl die Begrenztheit als auch die Übernutzung natürlicher Ressourcen bisher weitgehend außer Betracht. Gleichzeitig hat sich gezeigt, dass es noch schwieriger ist, einen Anstieg des Konsums zu bremsen, als eine Verlangsamung des Bevölkerungswachstums zu erreichen. Die Kombination aus steigendem Konsum und Bevölkerungszunahme erhöht den Druck auf die natürlichen Ressourcen und führt zu Preissteigerungen, die den Zugang armer Menschen zu diesen Ressourcen erschweren oder gar unmöglich machen. Unsere Fähigkeit, die Grundbedürfnisse der am meisten gefährdeten Gruppen zu decken, wird so auf die Probe gestellt (Ehrlich, Kareiva und Daily 2012).

Jüngste Entwicklungen in den Bereichen Land, Wasser und Energie waren erste Warnsignale. Wir müssen uns der Realität stellen, dass wir mit weniger Mitteln mehr produzieren müssen; gleichzeitig müssen ineffiziente oder verschwenderische Praktiken und Strategien abgeschafft werden. Dazu brauchen wir ein Wirtschafts- und Gesellschaftsmodell, das nachhaltig ist und arme Menschen und benachteiligte Randgruppen in den Mittelpunkt stellt.

Steigende Nahrungsmittelpreise sind deutliche Anzeichen für die Notwendigkeit eines solchen neuen Modells. Im Jahr 2007 stiegen die Preise um fast 40 Prozent; 2008 erreichten sie ein noch höheres Niveau und trieben damit 130 bis 155 Millionen Menschen in die extreme Armut. Während dieser Zeit stieg die Anzahl von Kindern, die unter anhaltenden kognitiven und körperlichen Schäden infolge von Mangelernährung leiden, vermutlich um 44 Millionen an (Weltbank 2009). Auch 2011 und 2012 wurden wieder Höchstpreise für Nahrungsmittel verlangt und es ist unwahrscheinlich, dass die Preise in absehbarer Zukunft auf das Niveau von Anfang und Mitte der 1990er-Jahre absinken werden. Neben den höheren Nahrungsmittelpreisen haben auch starke Preisschwankungen zunehmend negative Auswirkungen auf arme Konsumenten und Produzenten in der ganzen Welt (von Grebmer et al. 2011).

Wie wir Land, Wasser und Energie nutzen, ist von großer Bedeutung in der sich wandelnden globalen Ernährungswirtschaft. Eine Reaktion auf die steigenden Nahrungsmittelpreise sind die nationalen und internationalen Geschäfte mit Agrarland, die in den vergangenen fünf bis zehn Jahren stark zugenommen haben (Anseeuw et al. 2012a, b). Viele dieser Pachten und anderen Landnutzungsverträge werden in Afrika südlich der Sahara abgeschlossen, wo die Pachtzinsen niedrig und regulative Systeme schwach sind. Außerdem werden auffallend häufig Landgeschäfte in den Ländern getätigt, die einen hohen Welthunger- Index-Wert aufweisen. Während die Nachfrage nach Land steigt, stellten die anhaltende Bodenerosion und -degradation eine große Herausforderung dar. Spitzenpreise für öl haben sowohl zu höheren Nahrungsmittelpreisen beigetragen als auch zu einem erhöhten Landinvestitionstrend in Entwicklungsländern, vor allem zur Produktion von Biokraftstoffen der ersten Generation (Anseeuw et al. 2012b).

Infolge des weltweiten Wirtschaftswachstums und des steigenden Bevölkerungsdrucks wie auch aufgrund der zunehmenden Verstädterung und der damit verbundenen, sich wandelnden Lebensgewohnheiten ist der Wasserbedarf von privaten Haushalten und Industrie in die Höhe geschnellt. Aber auch der Klimawandel, die stärkere Varianz von Niederschlagsmustern und die sich rapide verschlimmernde Wasserverschmutzung haben die Wasserknappheit in großen Teilen der Entwicklungs- und vor allem der Schwellenländer verschärft (Rosegrant, Ringler und Zhu 2009). Wasserverschmutzung und schlechter Zugang zu sanitären Anlagen führen vor allem in Afrika südlich der Sahara und in Südasien zur Kontamination von Nahrungsmitteln und Trinkwasser und tragen damit zu Durchfallerkrankungen bei, einer der Hauptursachen für Krankheit und Tod von Kindern in Entwicklungsländern. Die Notwendigkeit höherer Investitionen zur Sicherung der Wasserversorgung wurde beispielsweise in China erkannt: Über die nächsten zehn Jahre sind Investitionen im bisher beispiellosen Umfang von 630 Milliarden US-Dollar geplant (Huang 2012).

Infolge des Wirtschafts- und Bevölkerungswachstums stehen die wohlhabenderen Bevölkerungsgruppen in den Industrieländern – und zunehmend auch in den Entwicklungsländern – nahezu einer Milliarde Menschen gegenüber, deren Nahrungsversorgung nicht gesichert ist, sowie weiteren rund zwei Milliarden Menschen, die unter einem Mangel an extrem wichtigen Spurenelementen (Vitamin A, Zink, Eisen) leiden. Insgesamt lässt sich sagen, dass der Hunger dort am größten ist, wo Zugangs- und Besitzrechte an Wasser und Land beschränkt oder umstritten sind und wo der Zugang zu sanitären Einrichtungen nicht gewährleistet ist und moderne Energiequellen unzureichend erschlossen sind (vgl. Abb. 3.1).

In Afrika südlich der Sahara und in Südasien, wo die Menschen noch besonders häufig traditionelle Biomasse wie Brennholz, Kuhdung und Ernterückstände zur Energiegewinnung nutzen, ist der Energieverbrauch besonders niedrig. In Afrika südlich der Sahara kochen nahezu 70 Prozent der Menschen mit Holz und dessen Nebenprodukten (Legros et a. 2009). Auch wenn die ärmsten Menschen relativ wenig Geld für Energie ausgeben (Abbildung 3.2), teilweise wegen mangelnden Zugangs zu Energiequellen, so zahlen sie doch einen hohen Preis für die Nutzung traditioneller Brennstoffe: Der Zeitaufwand ist oft erheblich; ihre Gesundheit und Umwelt leiden. Das Sammeln von Brennholz stellt zum Beispiel eine der wesentlichen zeitlichen Belastungen von Frauen und Kindern dar, vor allem in Afrika südlich der Sahara. Die Luftverschmutzung in Innenräumen durch das Verbrennen von Biomasse trägt zum Tod von jährlich fast zwei Millionen Menschen bei, vor allem von Frauen und Kindern (Martin et al. 2011; von Braun 2007). Insgesamt, so wird es von Experten prognostiziert, soll der Energieverbrauch zwischen 2006 und 2030 um 45 Prozent steigen beziehungsweise sich sogar von heute bis 2050 verdoppeln (Foresight 2011).

Die zunehmende Knappheit natürlicher Ressourcen hat dafür gesorgt, dass nachhaltige Ernährungssicherung heute untrennbar mit den Entwicklungen in den Bereichen Wasser, Energie und Land verbunden ist (Abbildung 3.3). Mehrere Faktoren setzen diesen Bereichen stark zu: Dazu gehören die Nutzung von natürlichen Ressourcen für andere Zwecke als die Nahrungsmittelproduktion etwa aufgrund der Bioenergie-Quoten und bedingt durch die städtische und industrielle Entwicklung, ebenso wie der unkoordinierte und unüberlegte Verbrauch von Ressourcen. Diese Entwicklung wird die Ernährungssicherheit der ärmsten und am stärksten gefährdeten Menschen unmittelbar beeinträchtigen.

Abbildung 3.1 Energieverbrauch und Zugang zu sanitären Anlagen und Nahrung, nach Region Quellen: Zugang zu Nahrung: Werte zur kindlichen Unterernährung aus Berechnungen des ‘International Model for Policy Analysis of Agricultural Commodities and Trade (IMPACT)’ von IFPRI (Rosegrant et al. 2008b); Zugang zu sanitären Anlagen und Energieverbrauch: Weltbank (2011b).

Quelle: von Braun (2007), auf der Grundlage von Ahmed et al. (2007). Anmerkung: Diese Daten geben die Ausgaben von Menschen wieder, die von weniger als 1,08 US-Dollar pro Tag leben. Die Energiekosten beinhalten Brennstoffe zum Kochen, Heizen und zur Beleuchtung.

In Afrika südlich der Sahara und in Südasien, wo die Menschen noch besonders häufig traditionelle Biomasse wie Brennholz, Kuhdung und Ernterückstände zur Energiegewinnung nutzen, ist der Energieverbrauch besonders niedrig. In Afrika südlich der Sahara kochen nahezu 70 Prozent der Menschen mit Holz und dessen Nebenprodukten (Legros et a. 2009). Auch wenn die ärmsten Menschen relativ wenig Geld für Energie ausgeben (Abbildung 3.2), teilweise wegen mangelnden Zugangs zu Energiequellen, so zahlen sie doch einen hohen Preis für die Nutzung traditioneller Brennstoffe: Der Zeitaufwand ist oft erheblich; ihre Gesundheit und Umwelt leiden. Das Sammeln von Brennholz stellt zum Beispiel eine der wesentlichen zeitlichen Belastungen von Frauen und Kindern dar, vor allem in Afrika südlich der Sahara. Die Luftverschmutzung in Innenräumen durch das Verbrennen von Biomasse trägt zum Tod von jährlich fast zwei Millionen Menschen bei, vor allem von Frauen und Kindern (Martin et al. 2011; von Braun 2007). Insgesamt, so wird es von Experten prognostiziert, soll der Energieverbrauch zwischen 2006 und 2030 um 45 Prozent steigen beziehungsweise sich sogar von heute bis 2050 verdoppeln (Foresight 2011).

Die zunehmende Knappheit natürlicher Ressourcen hat dafür gesorgt, dass nachhaltige Ernährungssicherung heute untrennbar mit den Entwicklungen in den Bereichen Wasser, Energie und Land verbunden ist (Abbildung 3.3). Mehrere Faktoren setzen diesen Bereichen stark zu: Dazu gehören die Nutzung von natürlichen Ressourcen für andere Zwecke als die Nahrungsmittelproduktion etwa aufgrund der Bioenergie-Quoten und bedingt durch die städtische und industrielle Entwicklung, ebenso wie der unkoordinierte und unüberlegte Verbrauch von Ressourcen. Diese Entwicklung wird die Ernährungssicherheit der ärmsten und am stärksten gefährdeten Menschen unmittelbar beeinträchtigen.

Abbildung 3.3 Wie Wasser-, Energie- und Landpolitik die nachhaltige Ernährungssicherheit gefährden können

Faktoren, die zur Verknappung natürlicher Ressourcen beitragen

Foto: Luca Galuzzi - www.galuzzi.it, 2006. Der Fluss Yarlung Tsangpo in Tibet. Ausblenden

Anmerkung: Stärker entwickelte Regionen liegen in Europa, Nordamerika, Australien/Neuseeland sowie Japan. Weniger entwickelte Regionen umfassen alle Regionen in Afrika, Asien (außer Japan), Lateinamerika und der Karibik sowie Melanesien, Mikronesien und Polynesien. Bei den am wenigsten entwickelten Ländern handelt es sich um 33 Länder in Afrika, neun in Asien, fünf in Ozeanien und eins in Lateinamerika und der Karibik.
Quelle: die Verfasser, auf Grundlage von UN (2011).

Demografischer Wandel.

Laut der mittleren Variante der Bevölkerungsprognose der Vereinten Nationen (UN) wird die Weltbevölkerung im Jahr 2025 mehr als acht Milliarden Menschen betragen und mehr als neun Milliarden im Jahr 2050 (UN 2011). Dieser Anstieg findet in einer Periode erheblicher demografischer Veränderungen statt. In den meisten Ländern mit niedrigen und mittleren Einkommen sind die Geburtenziffern in den vergangenen Jahrzehnten rapide zurückgegangen. Die Geburtenraten nähern sich dem Reproduktionsniveau – also der Rate, bei der das Wachstum der Bevölkerung durch Reproduktion ungefähr bei null liegt – mit der Ausnahme von 35 Ländern, die hauptsächlich in Afrika südlich der Sahara liegen (Weltbank 2007). In Ländern, in denen die Geburtenrate maßgeblich zurückging und die Sterblichkeitsraten fielen, hat sich das Bevölkerungswachstum entsprechend verlangsamt und die Bevölkerung ist insgesamt gealtert. In denjenigen Ländern jedoch, in denen die Bevölkerung noch immer rasch wächst, vor allem in Afrika südlich der Sahara und in Teilen Asiens, stellt der steigende Bedarf an öffentlichen Dienstleistungen, Waren (wie Nahrung und Kleidung) und Investitionen in Bildung und Gesundheit eine große Herausforderung dar. Die Länder werden gezwungen sein, bei steigenden Bevölkerungszahlen mehr in diese Bereiche zu investieren, wodurch es ihnen schwerfallen wird, Investitionen in andere Schlüsselsektoren, wie zum Beispiel die Landwirtschaft, zu tätigen (Weltbank 2007).

In Zukunft wird nahezu das gesamte Bevölkerungswachstum in den weniger entwickelten Ländern (Abbildung 3.4) stattfinden. Ein deutlicher Anstieg der Einkommen in vielen dieser Länder wird eine Verlagerung der Ernährung auf eiweißreiche und ressourcenintensive Nahrungsmittel (wie Fleisch und Milch) vorantreiben. Länder mit einer wachsenden Bevölkerung, die ihre Inlandsproduktion nur begrenzt der steigenden Nachfrage anpassen können, vor allem im Nahen Osten und Afrika, werden mit einer zunehmenden Nachfrage nach importierten Grundnahrungsmitteln und hochwertigen landwirtschaftlichen Produkten konfrontiert werden.

Neben der wachsenden Bevölkerung wird auch die Migration von ländlichen in städtische Gebiete in Entwicklungsländern erhebliche Auswirkungen auf die Ernährungsgewohnheiten haben. Derzeit leben etwa 52 Prozent der Weltbevölkerung in städtischen Gebieten; im Jahr 2050 werden es 67 Prozent sein (UN 2011). Wenn Menschen in städtische Gebiete ziehen, neigen sie dazu, weniger Grundnahrungsmittel und mehr Obst, tierische Erzeugnisse und leicht zuzubereitendes Getreide zu sich zu nehmen. Diese Nachfrage nachhaltig zu decken gehört zu den künftigen Herausforderungen (Tokgoz und Rosegrant 2011).

Höhere Einkommen und nicht nachhaltiger Verbrauch von Ressourcen.

In manchen Entwicklungsländern hat ein rasches wirtschaftliches Wachstum in den vergangenen Jahrzehnten zum Entstehen einer relativ wohlhabenden, zumeist städtischen Mittelschicht beigetragen, die auf insgesamt ungefähr zwei Milliarden Menschen geschätzt wird (Court und Narasimhan 2010). Wirtschaftlicher Fortschritt ist zwar grundsätzlich positiv, die Konsequenzen für den Verbrauch natürlicher Ressourcen sind jedoch beträchtlich. Wohlhabendere, eher städtische Bevölkerungsgruppen ernähren sich abwechslungsreicher und steigern nicht nur ihren Verzehr von Fleisch, sondern auch von Gemüse und Zucker. Für diese Nahrungsmittel werden pro produzierter Kalorie deutlich mehr Wasser und Energie verbraucht. Vor allem die in den Industrieländern übliche Lebensweise ist durch einen Überverbrauch von erneuerbaren und fossilen Ressourcen gekennzeichnet.

Die Vorteile des Wirtschaftswachstums haben zudem nicht alle Menschen erreicht: Obwohl die weltweiten Armutswerte insgesamt gesunken sind, hat sich die Anzahl derer, die von 1,25 bis 2,00 USDollar pro Tag leben müssen, zwischen 1981 und 2008 nahezu verdoppelt – von 648 Millionen auf 1,18 Milliarden. Gleichzeitig hat sich die Zunahme der Zahl von Menschen, die mehr als 2,00 US-Dollar pro Tag verdienen, verlangsamt (Chen und Ravallion 2012). Diese Armen sind in einigen Ländern und Regionen in einer Abwärtsspirale aus bitterer Armut, geringen Arbeitsmarktchancen und fehlenden oder übernutzten natürlichen Ressourcen gefangen.

Schlechte Politik und schwache Institutionen.

Demografischer Wandel und Wirtschaftswachstum treiben die Verknappung natürlicher Ressourcen wesentlich voran. Doch entscheidend für die zukünftige Sicherung von Land-, Wasser- und Energieressourcen sind die politischen Strategien und Institutionen in den Bereichen Landwirtschaft, Klima, Energie, Wissenschaft und Handel (Ringler, Biswas und Cline 2010). Das nachfolgende Beispiel zeigt anhand eines Politikbereichs – der Biokraftstoffe –, welche entscheidende Rolle die politischen Rahmenbedingungen und Institutionen in Bezug auf die natürlichen Ressourcen spielen.

Verschiedene Faktoren haben dazu geführt, dass sich ein gesteigertes Interesse an Biokraftstoffen aus erneuerbarer Energie entwickelt hat. Dazu gehören gestiegene Energiepreise durch erhöhte Nachfrage, Sorge wegen des Klimawandels, der Wunsch, weniger auf importierte Energiequellen angewiesen zu sein, sowie das Potential der Biokraftstoffe für ländliches Wachstum und für die Schaffung von Arbeitsplätzen (Ewing et al. 2010; Kammen 2006). Die Biokraftstoff- Politik hat jedoch den Druck auf Land und Wasser erhöht. Da Biokraftstoffe noch nicht wirtschaftlich rentabel sind, beinhaltet die Biokraftstoff- Politik üblicherweise erhebliche Steuervergünstigungen für Biokraftstoff-Raffinerien in Kombination mit Subventionen auf Rohmaterialien sowie Verbrauchsziele oder Quoten für Biokraftstoffe im Verkehrssektor. Diese Quoten haben zu umfangreichen Investitionen in Biokraftstoffe und zur Ausweitung der Anbauflächen für Biokraftstoffpflanzen geführt. Wenn diese Quoten ausschließlich durch heimische Rohmaterialien gedeckt würden, müssten 30 Prozent der US-amerikanischen Anbaufläche dazu genutzt werden, Kraftstoffe für den Transport zu produzieren; in Europa läge der Anteil bei 72 Prozent (Ewing et al. 2010). Die im Vergleich zu früheren Wachstumsraten gestiegene Nachfrage nach Biokraftstoff zwischen 2000 und 2007 hat zu schätzungsweise 30 Prozent der Steigerung des gewichteten Durchschnittspreises für Getreide während dieses Zeitraums geführt. Diese Preissteigerung hatte einen signifikanten Zuwachs der Anzahl mangelernährter Kinder zur Folge (Rosegrant 2008; Rosegrant et al. 2008a).

Zudem wird die vorteilige ökobilanz von Biokraftstoffen der ersten Generation angezweifelt, insbesondere wenn produktionsbedingte Veränderungen der Nutzung von Land berücksichtigt werden (Searchinger et al. 2008) und wenn die teilweise bereits erheblichen Auswirkungen auf Menge und Qualität des Wassers weiter zunehmen (Moraes, Ringler und Cai 2011).

Anzeichen für Verknappung natürlicher Ressourcen

Foto: AlixSaz, 2014; Der ausgetrocknete Khanskoye-See. Jeisk Bezirk, Krasnodar Krai, Russland. Ausblenden

Energie.

Die weltweiten Energiepreise sind in den letzten Jahren beträchtlich gestiegen und man geht davon aus, dass sie weiterhin ansteigen werden, wenn auch etwas langsamer. Wenn die derzeitigen Förderungsstrategien fortgesetzt werden, geht die Internationale Energieagentur (IEA) von einer Steigerung der realen Rohölpreise von 78 US-Dollar pro Barrel im Jahr 2010 auf 140 US-Dollar im Jahr 2035 aus. Dies bedeutet eine jährliche Preissteigerung von 2,4 Prozent. Massive Investitionen in alternative Energiequellen würden die ölpreissteigerungen ein wenig abschwächen.

Steigende Energiepreise haben vielfältige Auswirkungen auf die Landwirtschaft. Hohe Energiepreise machen Biokraftstoffe profitabler und verstärken so den Anreiz, landwirtschaftlich genutztes Land zur Produktion von Biokraftstoffpflanzen zu verwenden. Gleichzeitig erhöhen steigende Energiepreise allerdings auch die Ausgaben der Landwirte, vor allem, da der Landwirtschaftssektor zunehmend energieintensiv geworden ist. Bauern nutzen Diesel und Benzin für die Bodenkultivierung, Pflanzung, Transport und Ernte. Sie verbrauchen Strom, Flüssiggas, Benzin und Erdgas, um ihre Felder zu bewässern, um Vieh- und Geflügelhaltung sowie Milchproduktion zu betreiben sowie verderbliche Rohstoffe zu verarbeiten und zu lagern (USDA 2006).

Ein weiterer wichtiger Kostenfaktor ist die Nutzung von Düngemitteln. Pimentel (2006) zufolge liegt der Verbrauch von fossilen Energieträgern in der konventionellen landwirtschaftlichen Produktion der Vereinigten Staaten bei ungefähr 1.000 Litern pro Hektar. Diese Menge ist ungefähr zu gleichen Teilen auf Düngemittel auf Erdölbasis, Mechanisierung und andere Aktivitäten sowie Produktionsmittel, wie zum Beispiel Pflanzenschutzmittel, verteilt. Die Energiepreise beeinflussen somit die Preise von Betriebsmitteln, Wasser, Transport und Vermarktung, und diese Faktoren beeinflussen ihrerseits wiederum die landwirtschaftliche Produktion und die Nahrungsmittelpreise. Der Anteil von Energiekosten an den Gesamtausgaben der Landwirte variiert innerhalb und zwischen den Ländern beträchtlich. Unter den Nutzpflanzen in den Vereinigten Staaten variierte der Anteil der Energiekosten an den gesamten Betriebskosten im Jahr 2004 zwischen ungefähr 55 Prozent für Weizen und 20 Prozent für Baumwolle (USDA 2006). Der Energieanteil an den Kosten der Landwirtschaft ist in Entwicklungsländern geringer; durch die zunehmende Verwendung von Technologie und Mechanisierung der landwirtschaftlichen Arbeit ist jedoch eine Steigerung zu beobachten. In Vietnam zum Beispiel betrug der Anteil der Energie an den gesamten Betriebskosten bei der Maisproduktion im Jahr 2000 18 Prozent (IFPRI 2001). Neuere Schätzungen werden wahrscheinlich höhere Anteile an den Betriebskosten ausweisen.

Aufgrund der steigenden Energiekosten wird der intensive Landbau von erhöhten Produktions-, Transport- und Verarbeitungskosten betroffen sein. Höhere Energiepreise werden die Landwirte dazu bewegen, ihre Betriebe auf weniger energieintensive Pflanzen umzustellen. Gleichzeitig werden energiesparende Praktiken wie konservierende Bodenbearbeitung, Tröpfchenbewässerung, Beregnung oder Mikro-Beregnung und besseres Düngemanagement lukrativer.

Auch auf den Wasserverbrauch werden die Energiepreise Einfluss nehmen. Es wird zunehmend kostspieliger werden, Wasser zur Bewässerung zu gewinnen und zu fördern – vor allem durch Pumpenbewässerung – und Meerwasser zum Gebrauch als Trink- und Haushaltswasser zu entsalzen. Die höheren Kosten der Wassergewinnung schaffen Anreize zur Entwicklung effizienterer Mechanismen der Verteilung von Wasser und zur Reduktion von Wasserverlust, Lecks und unkontrolliertem Abfluss. Staatliche Subventionen für Wasser und Energie werden zunehmende Kosten verursachen und damit die Haushalte zahlreicher Entwicklungsländer möglicherweise überfordern. Dies könnte die Länder dazu bringen, ihre Wasserpolitik zu ändern und Subventionen zu reduzieren. Bisher gibt es allerdings kaum Anzeichen für solche Reformen. Höhere Energiepreise erzeugen zudem eine größere Nachfrage nach Wasserkraftwerken. Während die angeschlossenen Nutzer – Haushalte, Industrie und Landwirtschaft – profitieren, kommt es parallel oft zu sozialen und ökologischen Schäden, wie Umsiedlungen und dem Verlust von Fischbeständen oder anderen Störungen der Süßwasser-ökosysteme.

Abbildung 3.5 Ab nahme der Nettoprimärproduktion, 1981–2003 Quellen: Nkonya et al. (2011), auf der Grundlage von Daten aus Bai et al. (2008).
Anmerkung: Die Rechtecke auf der Landkarte zeigen Regionen, die stark von Landdegradation betroffen sind.

Tomnissoi
Tomnissoi Davlat,
Bezirk Baljuvon, Tadschikistan

In diesem Jahr habe ich nur 500 Kilogramm Weizen pro Hektar geerntet. Ich habe mein Weizensaatgut zu spät ausgesät, da die Kraftstoffpreise am Anfang des Frühlings sehr hoch anstiegen…. Bis ich genügend Geld für den Kraftstoff und die Dienstleistung für das Pflügen zusammenhatte, war es zu spät.

Robert
Robert Mugabe,
Bezirk Kabarole, Uganda

Ich habe kein Einkommen. Ich habe nur ein paar Morgen. auf denen ich Mais, Kohl, Bohnen, Tomaten und Zwiebeln anpflanze. Gleichzeitig muss ich mich um meine Mutter und meine Schwester kümmern. Die steigenden Preise machen es mir schwer, Petroleum und Brennholz zu kaufen.... Die Hauptsache ist, dass wir genug zu essen haben.

Fulmani
Fulmani Mandi,
Jharkhand, Indien

Ich bin sehr um die Zukunft meiner Kinder besorgt. Wir haben derzeit 2,5 Morgen Land. Ich habe drei Söhne. Wenn sie das Land zwischen sich aufteilen, bekommt jeder nur 0,8 Morgen, die keinem etwas nutzen werden. Ich weiß nicht, wie sie überleben sollen.

LAND.

Weltweit sieht sich die Landwirtschaft mit Bodenknappheit konfrontiert, da die besten Böden der Welt bereits kultiviert werden und landwirtschaftliche Methoden erheblich zur Degradation von Agrarflächen geführt haben. Gleichzeitig übt die steigende Nachfrage nach „Non-food“-Erzeugnissen (Futtermittel, Kraftstoff und Fasern) zusätzlichen Druck auf die landwirtschaftliche Produktion und die Landnutzung aus.

Die Landoberfläche der Erde ist zu 25 Prozent von Anbausystemen bedeckt. Um die wachsende Nachfrage nach Nahrungsmitteln zu decken, könnte ein 10- bis 20-prozentiger Zuwachs der aktuellen Ernte- und Weideflächen notwendig sein. Diese Steigerung wäre hauptsächlich durch die Umwandlung von Gras- und Waldflächen zu erreichen (Millennium Ecosystem Assessment 2005a, b). Die Nachfrage nach landwirtschaftlichen „Non-food“-Erzeugnissen wird möglicherweise den Bedarf an Land beträchtlich in die Höhe treiben. Eine solche Ausweitung wird sowohl direkte als auch indirekte Auswirkungen auf andere ökosysteme und vor allem auf die Biodiversität mit sich bringen. Intensivierung, also die Einführung von Methoden, die größtmögliche Erträge von einer gegebenen Anbaufläche gewährleisten, wird eine entscheidende Rolle spielen, wenn es gilt, die Umwidmung naturnaher Flächen in Ernteflächen zu minimieren und damit die Artenvielfalt der Erde zu bewahren. Allerdings kann schlecht durchgeführte Intensivierung auch den Abfluss von Düngemitteln und Pestiziden in Gewässer erhöhen und damit der öffentlichen Gesundheit und den küstennahen aquatischen ökosystemen schaden.

Nicht nachhaltige landwirtschaftliche Methoden haben bereits zur Degradation von Böden geführt, zu Wüstenbildung, Entwaldung, Versalzung und Bodenerosion. Zu den Ursachen dieser Formen von Degradation gehören hohe Bevölkerungsdichte, Armut, ungeregelte Landbesitzrechte und fehlender Zugang zu Beratungsdiensten, Wissen, Infrastruktur und Märkten (Nkonya et al. 2011). Marktverzerrende Handelspolitiken sowie am Output orientierte Preispolitiken und Subventionen für Betriebsmittel, vor allem für Wasser und Düngemittel, haben ebenfalls zur fortschreitenden Degradation beigetragen.

Das Ausmaß der Degradation von Land kann mit der Abnahme der Nettoprimärproduktion und damit der Abnahme der vegetativen Kraft gemessen werden. Abbildung 3.5 zeigt die Verminderung der Nettoprimärproduktion zwischen 1981 und 2003. In weiten Teilen der Welt hat eine erhebliche Bodendegradation stattgefunden. Frühere Bemühungen im Kampf gegen Degradation haben sich häufig auf Trockengebiete und somit Verhinderung von Wüstenbildung konzentriert. Die größten Ausmaße der Degradation finden sich jedoch in humiden und semihumiden Gebieten (in Abbildung 3.5 durch Rechtecke markiert). Hier kam es im genannten Zeitraum zu 78 Prozent der festgestellten Abnahme von Bodenfruchtbarkeit (Nkonya et al. 2011). Zu den unmittelbaren Ursachen der Degradation gehören biophysikalische Faktoren (darunter die Topografie, ein Indikator für das Erosionsrisiko) und Klimabedingungen, wie Niederschlag, Wind und Temperatur. Nicht nachhaltiges Landmanagement, wie Abholzung, Übernutzung von Wäldern, Nährstoffabbau und Anbau auf steilen Hängen, trägt ebenfalls unmittelbar zur Degradation bei.

Für landwirtschaftliche Produzenten kann der Verlust der Bodenfruchtbarkeit zu niedrigeren Ernteerträgen führen und die Produktionskosten ansteigen lassen, denn Landwirte müssen mehr Dünger und andere Betriebsmittel verwenden, um Ernteverluste zu vermeiden. Degradation kann außerdem zu externen Kosten führen, nämlich durch übermäßigen Abfluss von Dünger und Pestiziden, Verschlammung von Dämmen und Bewässerungssystemen, Nährstoffanreicherung (Eutrophierung) in Seen und Meeren sowie durch die Beschädigungen von Mangrovensümpfen, die im gesunden Zustand reiche Fischvorkommen beheimaten und zahlreiche Aufgaben in den ökosystemen übernehmen, so zum Beispiel Wasserreinigung und die Vermeidung von Erosion (Rosegrant, Nkonya und Valmonte-Santos 2009).

Wälder haben eine wichtige Funktion in der Regulierung von Niederschlägen. Tropenwälder sind in der Lage, das Regenwasser aus Stürmen zu absorbieren und es danach langsam wieder abzugeben. Damit senken sie die Gefahr von Überflutungen und Dürrezyklen. Vor allem in oberen Wassereinzugsgebieten sind diese regulierenden Aufgaben wichtig, da Wälder dort dazu beitragen, die Bodenerosion zu reduzieren und damit die Sedimentierung der Flüsse zu verhindern. Dennoch wurden, wie Abbildung 3.6 zeigt, trotz dieser wichtigen ökosystemfunktionen in vielen Teilen der Welt große Teile des Waldes abgeholzt, und zwar vor allem in Afrika sowie in Mittel- und Südamerika. Es gibt aber auch gute Nachrichten: In Ost-, Süd- und Westasien sowie in der Karibik wird wieder aufgeforstet. China führt diese Entwicklung in Ostasien durch eine offensive Wiederaufforstungspolitik an. In Südostasien schreitet dagegen die Entwaldung weiter mit zunehmender Geschwindigkeit voran.

Eine Folge der Knappheit und Degradation von Ackerland sind die zunehmenden Landgeschäfte, die Ländern mit geringen Anbauflächen oder großem Ressourcenverbrauch Zugang zu Agrarland in Ländern mit viel Bodenfläche verschaffen. Bis Mai 2012 wurden rund 1.000 internationale Landgeschäfte (zahlreiche gemeinsam mit nationalen Partnern) verzeichnet, wovon zu 46 Prozent Land in Afrika südlich der Sahara und zu 37 Prozent Land in Asien betroffen war (International Land Coalition 2012). Bei den Investitionen, für die Informationen über die geplante Landnutzung vorhanden sind (665 Fälle), geht es zum großen Teil um den Anbau von Biokraftstoffen (55 Prozent der betroffenen Fläche). 19 Prozent der Investitionen wurden in forstwirtschaftliche Erzeugnisse wie Holz und Fasern sowie Blumen getätigt, und bei den restlichen Flächen ging es um die Produktion von Nahrungsmitteln. Insgesamt betrafen die bis Mai 2012 dokumentierten Geschäfte 57 Millionen Hektar Agrarland, beziehungsweise 1,2 Prozent der weltweiten Agrarfläche (International Land Coalition 2012). Dabei muss betont werden, dass Auslandsinvestitionen in Agrarland auch erhebliche Folgen für die lokale Verfügbarkeit und Nutzung von Wasser haben (Anseeuw et al. 2012a).

Abbildung 3.7 zeigt den Umfang der Landgeschäfte im Verhältnis zur Größe der Agrarflächen in 52 Zielländern und stellt die Bedeutung der Landwirtschaft in den einzelnen Ländern in Bezug zu den jeweiligen WHI-Werten. In vier Ländern, in denen die Landwirtschaft mit unter fünf Prozent nur einen geringen Anteil am Bruttoinlandsprodukt (BIP) ausmacht und in denen der Hunger bei einem WHI-Wert von unter zehn wenig oder mäßig ist, wurde in Agrarfläche im Umfang von ungefähr 1,2 Millionen Hektar investiert. Im Gegensatz hierzu waren in 32 Ländern, in denen die Landwirtschaft mehr als fünf Prozent des BIP ausmacht und die Hungersituation ernst oder sehr ernst ist (WHI-Wert von mehr als zehn), ungefähr 41 Millionen Hektar Land von Landinvestitionen betroffen, was mit 73 Prozent einen Großteil der Gesamtinvestitionen ausmacht. Das bedeutet, dass die Mehrzahl der bisherigen internationalen Landgeschäfte in Ländern stattgefunden hat, die hohe Hungerwerte zu verzeichnen haben und in denen die Bevölkerung und das Nationaleinkommen stark auf die Landwirtschaft angewiesen sind. In 17 dieser Länder machen die internationalen Landakquisitionen mehr als fünf Prozent der gesamten Agrarfläche aus; in sieben Ländern liegt der Anteil bei über zehn Prozent: in äthiopien, Kambodscha, Indonesien, Laos, Liberia, den Philippinen und Sierra Leone. Von den 245 Landgeschäften in diesen sieben Ländern, bei denen bekannt ist, welcher Rohstoff produziert werden soll, handelte es sich bei 75 beziehungsweise 31 Prozent um Bäume, darunter Akazie, Eukalyptus, Kautschuk, und um Blumen. Bei 112 Geschäften beziehungsweise 46 Prozent aller Investitionen, bei denen die geplanten Rohstoffe bekannt waren, wird angestrebt, Biokraftstoffe zu produzieren, und die übrigen Geschäfte betrafen sonstige Agrargüter.

Untersuchungen haben gezeigt, dass solche ausländischen Direktinvestitionen in Agrarland hohe soziale und ökologische Risiken mit sich bringen, während die versprochenen Vorteile oft ausbleiben (siehe Fallstudien in Kapitel 4). Einzelberichte und neuere Fallstudienergebnisse machen deutlich, dass in einem Großteil dieser Länder die Systeme der lokalen und nationalen Landrechte unzureichend gesichert sind. Infolgedessen verloren Gemeinschaften, die Flächen nutzten, die von ausländischen Regierungen und Unternehmen gekauft wurden, ihre traditionellen oder Gewohnheitsrechte.

Ein Land, Kongo, verzeichnet einen hohen WHI-Wert, die Landwirtschaft macht nur einen geringen Teil des BIP aus (unter fünf Prozent), und die internationalen Landinvestitionen sind vergleichsweise begrenzt (ungefähr 100.000 Hektar). In 13 Ländern geht ein niedriger WHI-Wert mit einem landwirtschaftlichen BIP-Anteil von über fünf Prozent einher, und diese Länder machen 25 Prozent der gesamten von Landinvestitionen betroffenen Gebiete aus. In dieser Gruppe finden sich landwirtschaftliche Schwergewichte wie Argentinien, Brasilien und China sowie Malaysia, wo im Verhältnis zur nationalen Agrarfläche die höchste Anzahl von Geschäften mit Land getätigt wurde. Diese Gruppe von Ländern schließt auch Ghana, Peru und die Ukraine mit ein, wo die Landakquisitionen über 500.000 Hektar betreffen.

Abbildung 3.6 Zu- und Abnahme von Waldgebieten nach Region, 1990–2010 Quelle: berechnet von Ephraim Nkonya, IFPRI, auf der Grundlage von FAO (2011c).

 

Kaseija and Irene
Kaseija Jailesi and Irene Kaseija,
Bezirk Kabarole, Uganda

Schon jetzt ist es schwierig, die Brunnen zu erreichen, da man dafür das Land von Anderen durchqueren muss. Das ist aber verboten und viele Landbesitzer zäunen ihr Land ein. Mit der Verschlimmerung der Landsituation wird die Wassersituation schwieriger.

Wasser.

Momentan leben 36 Prozent der Weltbevölkerung – ungefähr 2,4 Milliarden Menschen – in wasserarmen Regionen und 22 Prozent des weltweiten Bruttoinlandsproduktes (9,4 Billionen US-Dollar nach den Preisen des Jahres 2000) werden in wasserarmen Gebieten produziert. Bereits heute sind 39 Prozent der weltweiten Getreideproduktion hinsichtlich ihres Wasserverbrauchs nicht nachhaltig (Ringler et al. 2011) und 1,4 Milliarden Menschen leben in Gebieten mit sinkendem Grundwasserspiegel (FAO 2009).

Wasserressourcen sind nicht gleichmäßig über die Erde verteilt und der Zugang der Bevölkerung ist je nach Region unterschiedlich. Im Jahr 2005 war zum Beispiel die Wasserverfügbarkeit pro Kopf in den bevölkerungsreichsten Ländern – China und Indien – mit jeweils 1.691 und 1.101 Kubikmetern relativ niedrig. Im Gegensatz hierzu betrug die Pro-Kopf-Wasserverfügbarkeit in Brasilien (dem Land mit der fünftgrößten Bevölkerung) 32.525 Kubikmeter und in Russland (Rang sieben) 28.259 Kubikmeter. Als Folge des demografischen Wandels in China und Indien wird dort die Wasserverfügbarkeit bis zum Jahr 2030 weiter auf 1.057 beziehungsweise 856 Kubikmeter pro Kopf sinken, wobei die subnationalen Unterschiede erheblich größer sein werden.

Falkenmark, Lundqvist und Widstrand (1989) warnen, dass eine jährliche Wasserverfügbarkeit von unter 1.000 Kubikmetern pro Kopf Einschränkungen für die wirtschaftliche Entwicklung sowie für Gesundheit und Wohlergehen der Menschen mit sich bringt. Eine Verfügbarkeit von weniger als 500 Kubikmetern, wie sie in großen Teilen des Nahen Ostens und Nordafrika vorliegt, führt zu schwerwiegenden Einschränkungen der Lebensqualität.

80 Prozent des Wassers aus Flüssen und Grundwasser werden in der Landwirtschaft verbraucht, daher ist die Landwirtschaft sowohl von Wasserknappheit bedroht als auch einer der Verursacher der Verknappung (Rosegrant, Cai und Cline 2002). Durch den Klimawandel wird die Wasserknappheit noch verschärft, vor allem in den trockensten Regionen der Welt, wo mehr als zwei Milliarden Menschen und die Hälfte aller Armen leben. Zudem gefährden zunehmende Überflutungen als Folge des Klimawandels und der Umweltdegradation in vielen Teilen der Welt die Landwirtschaft.

Neben dem Bevölkerungswachstum gibt es eine Reihe von weiteren Faktoren, die den derzeitigen und den künftigen Wasserverbrauch beeinflussen. Durch wirtschaftliches Wachstum erhöht sich zum Beispiel der Wasserbedarf von Haushalten, Industrie und Landwirtschaft. Urbanisierung geht häufig mit einer wasserintensiveren Ernährung einher (Fleisch, Milch, Gemüse und Zucker). Durch höhere Energiepreise steigen die Kosten für das Pumpen von Wasser für die Bewässerung und damit wächst auch die Nachfrage nach Wasserkraftwerken. Der Klimawandel lässt die Temperaturen steigen und verändert Niederschlagsmuster. Damit vergrößert sich die weltweite Nachfrage nach Wasser, während sich seine Verfügbarkeit sowohl für den Regenfeldbau als auch für die Bewässerungslandwirtschaft verringert.

Das Wachstumspotential der Wasserversorgung ist begrenzt, die Nachfrage seitens der Haushalte und der Industrie wächst dagegen rapide. Infolgedessen wird das Wasser der Landwirtschaft entzogen und zunehmend von den Haushalten und der Industrie verbraucht (Rosegrant, Cai und Cline 2002). Diese Verlagerung wird zu einer Verknappung des landwirtschaftlich genutzten Wassers in schnell wachsenden, weniger entwickelten Ländern führen, vor allem in China und in einigen Ländern des Nahen Ostens und Nordafrikas. Im Jahr 2050 werden nur noch 66 Prozent der Bewässerungsbedarfe gedeckt werden; im Jahr 2000 waren es noch 78 Prozent. In wasserarmen Gebieten wird diese Verminderung sogar noch drastischer verlaufen (Rosegrant, Ringler und Zhu 2009). So wird das derzeitige Niveau der Wasserproduktivität im Rahmen eines Szenarios mit mittlerem Wirtschaftswachstum nicht dazu ausreichen, die nachhaltige Wassernutzung zu gewährleisten und gleichzeitig Risiken für Menschen, Ernährungs- und Wirtschaftssysteme zu reduzieren. Wenn diese Entwicklung sich weiter fortsetzt, werden im Jahr 2050 52 Prozent der Weltbevölkerung (4,8 Milliarden Menschen), 49 Prozent der weltweiten Getreideproduktion und 45 Prozent des gesamten Bruttoinlandsproduktes (zu Preisen von 2000 ein Gesamtwert von 63 Billionen US-Dollar) durch Wasserknappheit gefährdet sein. Diese Wasserknappheit wird vermutlich wichtige Investitionsentscheidungen beeinflussen, die Betriebskosten der Wasser-, Energie- und Ernährungssektoren in die Höhe treiben und die Wettbewerbsfähigkeit von wasserarmen Regionen beeinträchtigen (Ringler et al. 2011).

Abbildung 3.7 Typologie der Landakquisitionen im Verhältnis zum WHI-Wert 2012 und dem Anteil der Landwirtschaft am BIPQuelle: Anseeuw et al. (2012b).

Klimawandel.

Die Landwirtschaft – vor allem die regenwassergespeisten Systeme in Afrika und die Bewässerungssysteme Asiens – sind sehr anfällig für die nachteiligen Auswirkungen des Klimawandels (ADB/IFPRI 2009; Nelson et al. 2009a; Nelson et al. 2010). Schätzungen der FAO zufolge könnte der Klimawandel bis 2085 zum Verlust von elf Prozent der landwirtschaftlich nutzbaren Fläche in den Entwicklungsländern führen. Im Falle von Afrika liegt die Schätzung erheblich höher (FAO 2012).

Höhere Temperaturen tragen in großen Teilen der Welt zu geringeren Ernteerträgen bei sowie zur Verbreitung von Unkraut, Pflanzenseuchen und Schädlingen. Veränderte Niederschlagsmuster führen zu einer Verschiebung der Wachstumsperioden. Kurzfristig gesehen erhöhen sie die Wahrscheinlichkeit von Missernten, langfristig führen sie zu Produktionsrückgängen. Zwar könnte der Klimawandel bei bestimmten Pflanzen und in bestimmten Regionen zu höheren Erträgen und zu einer Ausdehnung der Anbaugebiete beitragen, trotzdem wird die Gesamtauswirkung auf die landwirtschaftliche Produktion als extrem negativ prognostiziert und es wird erwartet, dass steigende Nahrungsmittelpreise das Hungerrisiko verstärken.

Die Zahl der Menschen, die von Hunger bedroht sind, wird sich aufgrund des Klimawandels bis zum Jahr 2050 um 10 bis 20 Prozent erhöhen (Parry et al. 2009). Prognosen von IFPRI IMPACT verzeichnen als Folge des Klimawandels bis 2050 einen Zuwachs von mangelernährten Kindern um bis zu 21 Prozent (Nelson et al. 2009a). Da in Afrika südlich der Sahara die schwersten Auswirkungen des Klimawandels auf die Ernährung von Kindern zu erwarten sind, sollten vor allem dort die Bemühungen zur Verbesserung der unterschiedlichen WHIKomponenten gestärkt werden.

Die Landwirtschaft trägt allerdings auch selbst neun Prozent zu den weltweiten Treibhausgasemissionen bei. Wenn Umwandlung von Landnutzung und Entwaldung, die beide unmittelbar mit der Landwirtschaft verknüpft sind, hinzugerechnet werden, steigt der Gesamtbeitrag auf 17 Prozent der weltweiten Emissionen (WRI 2010). Drei Viertel aller landwirtschaftlichen Emissionen stammen aus den Entwicklungsländern. Daher ist es eine Schlüsselaufgabe, Maßnahmen zu identifizieren, die die negativen Auswirkungen des Klimawandels auf die Landwirtschaft mindern und gleichzeitig die Klimabilanz der Landwirtschaft verbessern.

Alternative Entwicklungsverläufe bei zunehmender Ressourcenverknappung.

Foto: Creutzmann/Welthungerhilfe, Kuba, Havanna, urbane Landwirtschaft der Deutschen Welthungerhilfe in Alamar, Stadtteil von Havanna, Bewässerung der in Setzkästen gezogenen Pflanzen im Gewächshaus, 2006; Ausblenden
Ato
Ato Liben Boru Liben,
Oromia, äthiopien

Viehzüchter wandern in die Städte ab wegen der großen Konkurrenz um Wasser und Weidefläche. Allerdings sind nur wenige erfolgreich darin, sich einen Job zu besorgen oder Einkommen zu schaffen, indem sie kleine Geschäfte eröffnen.

 
Lespérence
Lespérence Fedner,
Technischer Koordinator, Welthungerhilfe, Jean Rabel, Haiti

Meine Energie- und Wasserausgaben haben in den letzten Jahren stark zugenommen. Zusätzlich wird Wasser durch Umweltschäden immer knapper und kommt nur selten aus dem Wasserhahn zu Hause. Ich muss nun einen privaten Tank bauen, um das Wasser für den Hausgebrauch zu speichern, für Zeiten, in denen wenig verfügbar ist.

 
Florence
Florence Akiiki Bamuturaki,
Bezirk Kabarole, Uganda

Ich bin zuversichtlich, dass es in Zukunft genug Wasser und Energie für unser Volk geben wird, da sich unser Staat entwickelt.... Ich befürchte, dass der Zugang zu Land ein großes Problem in naher Zukunft sein wird. Es wird nicht genug Land für jeden geben. Unsere Bevölkerung wächst zu schnell, während Land eine statische Ressource ist, die nicht mit der Bevölkerung mitwächst.

In den nächsten vier Jahrzehnten wird die landwirtschaftliche Produktion erheblich ansteigen müssen, um den Bedarf einer wachsenden und zunehmend wohlhabenderen Bevölkerung zu decken. Beim derzeitigen Stand von Investitionen und wirtschaftlicher Entwicklung können die nötigen Produktionszuwächse jedoch nur zu deutlich höheren Preisen erreicht werden. Alternative Entwicklungsvisionen oder -modelle bemühen sich dagegen nicht nur um gesteigerte Produktion, sondern zielen besonders auf Nachhaltigkeit, die Reduzierung negativer Umweltauswirkungen und die Verbesserung der Situation armer Menschen. Die zukünftige Nachfrage kann beispielsweise durch eine ressourcenschonendere Lebensweise und eine Abkehr von Biokraftstoffen der ersten Generation gesenkt werden. Jedoch wird die Notwendigkeit, mehr mit weniger zu produzieren – nachhaltiger und armutsorientierter als bisher – bestehen bleiben.

Um die jeweiligen Auswirkungen von zwei alternativen Entwicklungsverläufen bis zu den Jahren 2030 und 2050 zu bewerten, simulierte IFPRI das zukünftige globale Ernährungssystem unter Zugrundelegung zweier unterschiedlicher Szenarien:

  1. Das Szenario einer konventionellen Welt (vgl. Abb. 3.3 auf Seite 24) setzt aktuelle Trends bezüglich des Wachstums von Bevölkerung und Wirtschaft sowie weiterer Variablen fort, darunter eingeschränkte Investitionen in landwirtschaftliche Forschung und damit in die effiziente Nutzung von Land, Wasser und Energie. Die Entwicklung der Biokraftstoffe aus der ersten Generation richtet sich weiterhin nach festgesetzten Quoten. Zudem steigt die Emission von Treibhausgasen rapide, die Wasserknappheit nimmt zu und Hunger und Mangelernährung bleiben schwerwiegende Probleme für die Entwicklungsländer (Nelson et al. 2010; Rosegrant et al. 2008a).
  2. Das Szenario einer nachhaltigen Welt (vgl. Abb. 5.1 auf Seite 51) legt den Schwerpunkt auf die Steigerung von landwirtschaftlicher Forschung und Aufwendungen in den Entwicklungsländern, zusammen mit erhöhten sozialen Investitionen und einem umsichtigeren Gebrauch von natürlichen Ressourcen zur nachhaltigen Verbesserung der Lebensbedingungen und der Einkommenssituation in ländlichen Regionen.

Das Szenario einer nachhaltigen Welt setzt eine gesteigerte Fokussierung auf die Erhaltung von Wasser-, Land- und Energieressourcen durch größere Technologieinvestitionen und effizientere Nutzung dieser Ressourcen voraus. Sein Hauptaugenmerk liegt auf Investitionen, die Hunger und Mangelernährung reduzieren, wie zum Beispiel erhöhte Ernteerträge und erhöhtes Wachstum des Viehbestands, und auf größeren Investitionen in den Bereichen Sanitärversorgung und weiterführende Schulbildung für Frauen. Zu den weiteren Faktoren, die ebenfalls entscheidend für die Erlangung besserer Resultate für arme Menschen und für die Umwelt sind, zählen zum Beispiel verbesserte Regierungsführung, weniger Ungleichheit und größere Einbeziehung marginalisierter Bevölkerungsgruppen.

Im Vergleich zum Szenario einer konventionellen Welt umfasst dieser Entwurf sowohl ein größeres Wirtschaftswachstum als auch eine Reduzierung des Bevölkerungswachstums (unter Anwendung der niedrigen Variante der UN-Prognose zum Bevölkerungswachstum) (siehe auch Nelson et al. 2010). Außerdem werden in diesem Szenario rasche Steigerungen der Wasserproduktivität und beschleunigtes landwirtschaftliches Wachstum prognostiziert, Letzteres in Verbindung mit der verstärkten Nutzung von Forschungsergebnissen. Folglich werden im Jahr 2030 die Getreideerträge um 15 Prozent über denen des Szenarios einer konventionellen Welt liegen; im Jahr 2050 beträgt der Unterschied 35 Prozent. Die Erträge aus Viehzucht werden ebenso wie die Herdengrößen zwischen 2015 und 2050 im Vergleich mit dem Szenario einer konventionellen Welt um 30 Prozent zunehmen.

Außerdem wird die Entwicklung der Biokraftstoffe zweiter Generation offensiver vorangetrieben. Im Szenario einer nachhaltigen Welt wird das Klimaziel einer Erwärmung von höchstens zwei Grad Celsius erreicht. Gesteigerte Investitionen tragen dazu bei, dass alle Mädchen bis 2030 Zugang zu weiterführender Schulbildung und bis 2050 alle Menschen Zugang zu sicherem Trinkwasser erhalten werden.

Diese beiden Entwicklungsverläufe sehen deutlich unterschiedliche Resultate für Land und Wasser voraus. Im Szenario einer konventionellen Welt wird prognostiziert, dass die globale Agrarfläche im Zeitraum von 2005 bis 2050 weltweit jährlich um 0,23 Prozent beziehungsweise 169 Millionen Hektar wachsen wird. Der Rückgang von Ernteflächen in einigen Industrieländern und Teilen Asiens wird durch Zuwächse in Afrika südlich der Sahara und in Lateinamerika mehr als wettgemacht. Ein Großteil der Ausweitung von Erntegebieten wird allerdings aus Rand- und Waldgebieten entstehen. Im Szenario einer nachhaltigen Welt können dagegen wichtige Waldflächen erhalten bleiben, da die Ernteflächen bis 2030 um 116 Millionen und bis 2050 um 201 Millionen Hektar zurückgehen. Außerdem liegt die gesamte Wasserentnahme bis 2030 um 544 Kubikkilometer sowie bis 2050 um 1.369 Kubikkilometer unter derjenigen der konventionellen Welt. Das Szenario einer nachhaltigen Welt setzt damit große Ressourcen für den wichtigen Wasserbedarf von Haushalten und Umwelt frei.

Die beiden Szenarien weisen zudem abweichende Ergebnisse bezüglich Nahrungsmittelpreisen und Ernährung auf. Durch die ausgesprochen hohe landwirtschaftliche Produktivität geht das Szenario einer nachhaltigen Welt für das Jahr 2030 von Preisminderungen bei Getreide um 21 Prozent und für 2050 um 39 Prozent im Vergleich mit dem Szenario einer konventionellen Welt aus. Die erheblich niedrigeren Nahrungsmittelpreise des Szenarios einer nachhaltigen Welt sorgen dafür, dass Nahrung bezahlbar und damit besser zugänglich ist. Die tägliche Verfügbarkeit von Kalorien steigt damit in den Entwicklungsländern im Jahr 2030 um 496 Kilokalorien und bis 2050 um 1.336 Kilokalorien pro Kopf. Durch große zusätzliche Investitionen in die Bereiche Landwirtschaft und Soziales der Entwicklungsländer sowie durch die effizientere Nutzung natürlicher Ressourcen reduziert das Szenario einer nachhaltigen Welt die Zahl mangelernährter Kinder bis zum Jahr 2050 von 115 Millionen auf 50 Millionen – ein starker Rückgang von 57 Prozent. In Indien zum Beispiel, wo die größte Anzahl mangelernährter Kinder lebt, würde deren Anteil von 39 Prozent im Jahr 2050 nach dem Szenario für eine konventionelle Welt auf 27 Prozent sinken.

Die Berechnungen zeigen, dass die Beseitigung von Hunger auf nahe und mittlere Sicht komplex ist und es keine einfachen Lösungen gibt. Durch Anpassungen von Investitionen und politischen Strategien können jedoch erhebliche Erfolge erzielt werden. Schlüsselfaktoren im Kampf gegen die kindliche Mangelernährung sind unter anderem Erntezuwächse, Zugang zu sauberem Trinkwasser und eine möglichst vollzählige Teilnahme von Mädchen und Frauen an weiterführender Schulbildung. Viele dieser Veränderungen werden gleichzeitig zu stärkerem Wirtschaftswachstum und zu verlangsamtem Anwachsen der Bevölkerungen beitragen und durch sie verstärkt werden.

Das Szenario einer nachhaltigen Welt sieht zwar den fortgesetzten Gebrauch von Land- und Wasserressourcen zum Anbau von Biokraftstoffen der ersten Generation zur Erfüllung von Quoten voraus, legt aber einen weitaus größeren Schwerpunkt auf die Entwicklung von Technologien der zweiten Generation. Ein Wegfallen von Biokraftstoffquoten könnte zu zusätzlichen positiven Auswirkungen bei der Beseitigung von kindlicher Mangelernährung und bei der Erhaltung von Wasser, Land und Artenvielfalt führen.

Eine nachhaltige Vision für das Jahr 2050 würde bedeuten, dass jeder Mensch auf der Welt Zugang zu Nahrung, modernen Energiequellen und sauberem Wasser erhält und diese auch für sich nutzen kann. Gleichzeitig wird die Degradation der ökosysteme aufgehalten oder rückgängig gemacht. Im Szenario für eine nachhaltige Welt erzielt die Menschheit große Fortschritte im Kampf gegen den Hunger und hinsichtlich eines besseren Zugangs zu Wasser, kann aber Hunger und Mangelernährung bis 2050 nicht vollständig beseitigen. Um dieses Ziel zu erreichen, müssten zusätzlich gezielte Strategien und institutionelle Investitionen in Krisenregionen sowie weitere gezielte Maßnahmen (wie zum Beispiel Systeme sozialer Sicherung) umgesetzt werden, um Menschen, die unter chronischem Hunger leiden, nachhaltig unterstützen zu können (vgl. auch Runge et al. 2003).

Fußnoten

  1. Die UN prognostizieren auch jeweils hohe und niedrige Varianten des Bevölkerungswachstums.  
  2. Die Faktoren, die Veränderungen bei den Geburtenraten auslösen, sind sozialer, kultureller und wirtschaftlicher Art, wie zum Beispiel das Bildungsniveau von Frauen, der Beschäftigungsstatus, städtischer oder ländlicher Wohnsitz, Haushaltsarmut, Kosten der Kinderversorgung, Kosten von Empfängnisverhütung, Autonomie der Frauen und Berufstätigkeit des Ehemanns.  
  3. Als Anbausysteme werden Flächen definiert, die mindestens zu 30 Prozent für Ackerbau, Wanderfeldbau, Tierzucht oder Süßwasseraquakulturen genutzt werden.  
  4. Unter Nettoprimärproduktion versteht man die Menge an Kohlenstoffdioxidbindung durch Vegetation, abzüglich der Verluste durch Atmung. Da die Aufzeichnungen durch Satelliten erfolgen und dadurch recht kostengünstig sind, wird sie in globalen und regionalen Untersuchungen als Indikator verwendet. Ein weiterer Vorteil ist die Verfügbarkeit von langfristigen Zeitreihen-Daten, die einen Vergleich der Landdegradation über längere Zeiträume hinweg erlauben.  
  5. Diese Prognosen wurden auf Grundlage des IFPRI International Model for Policy Analysis of Agricultural Commodities and Trade (IMPACT) errechnet.  
  6. Eine Zusammenfassung dieser beiden Szenarien ist in Ozkaynak et al. (2012) zu finden. Die Resultate wurden unter Verwendung von IFPRIs International Model for Policy Analysis of Agricultural Commodities and Trade (IMPACT) abgebildet. IMPACT wurde zur Untersuchung von alternativen zukünftigen Entwicklungen von weltweiter Nahrungsmittelversorgung, Nachfrage, Handel, Preisen und Nahrungssicherheit erarbeitet. Es berücksichtigt 45 Rohstoffe, mit denen die weltweite Nahrungsmittelproduktion sowie der Verbrauch von Nahrung nahezu vollständig abgedeckt sind. Es ist als Reihe von 115 Gleichungen von Angebot und Nachfrage auf Länderebene angelegt, wobei jedes Ländermodell durch Handel mit dem Rest der Welt in Verbindung steht. Um Auswirkungen auf die Ernährungssicherheit zu untersuchen, prognostiziert IMPACT den prozentualen Anteil und die Anzahl von mangelernährten Vorschulkindern (von null bis fünf Jahren) in Entwicklungsländern als Funktion der durchschnittlichen Kalorienverfügbarkeit pro Kopf. Außerdem werden der Anteil von Frauen und Mädchen mit weiterführender Schulbildung, das Verhältnis von männlicher und weiblicher Lebenserwartung bei der Geburt sowie der prozentuale Anteil der Bevölkerung mit Zugang zu sauberem Wasser prognostiziert. Das IMPACT Modell ist mit einem Wassersimulationsmodul und einem globalen Hydrologie-Modell integriert, um jeweils die Auswirkungen von Angebot und Nachfrage an Wasser und des Klimawandels auf die Ernährungsresultate ermessen zu können. Das Modell umfasst einige Energiepflanzen, liefert aber kein vollständiges Modell zur Energie.  
  7. Viele dieser Faktoren können allerdings nur qualitativ ermessen werden, sie liegen außerhalb der Möglichkeiten der quantitativen Simulationsmodelle.